
Ein unauffälliges Ruhe-EKG bedeutet nicht zwingend ein gesundes Herz, besonders bei Beschwerden unter Anstrengung.
- Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße (KHK) werden oft erst relevant, wenn das Herz mehr Sauerstoff benötigt.
- Das Belastungs-EKG ist der entscheidende erste Schritt, um diese „stille“ Gefahr einer funktionell relevanten Engstelle sichtbar zu machen.
Empfehlung: Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt über Ihre Symptome, auch wenn Ihr Ruhe-EKG unauffällig war, um den richtigen diagnostischen Pfad für Ihre Herzgesundheit festzulegen.
Sie fühlen sich beim Treppensteigen schnell erschöpft, verspüren ein seltsames Druckgefühl in der Brust beim schnellen Gehen, aber Ihr Hausarzt sagt, Ihr Ruhe-EKG sei „vollkommen in Ordnung“? Diese Situation ist für viele Patienten ab 45 Jahren in Deutschland frustrierend und beunruhigend zugleich. Man fühlt, dass etwas nicht stimmt, doch die erste Untersuchung liefert keine Erklärung. Dies führt oft zu einer trügerischen Sicherheit oder zu der Annahme, die Symptome seien psychisch bedingt.
Die gängige Annahme ist, dass ein EKG die Herzgesundheit umfassend prüft. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Ein Elektrokardiogramm (EKG) in Ruhe ist nur eine Momentaufnahme der elektrischen Herzaktivität unter Minimalanforderung. Es ist, als würde man die Leistung eines Autos nur im Standgas beurteilen. Doch die wahre Leistungsfähigkeit – und potenzielle Probleme – zeigen sich erst auf der Autobahn. Die entscheidende Frage ist also nicht, ob Ihr Herz in Ruhe funktioniert, sondern ob es auch unter Belastung ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt wird.
Genau hier setzt dieser Artikel an. Statt nur zu wiederholen, dass ein Belastungs-EKG bei Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit (KHK) sinnvoll ist, gehen wir einen Schritt tiefer. Aus der Sicht eines Kardiologen erkläre ich Ihnen das entscheidende Prinzip der koronaren Flussreserve – der Grund, warum ein Herz in Ruhe gesund erscheint, obwohl eine relevante Engstelle vorliegt. Wir durchleuchten den klar strukturierten diagnostischen Pfad, der in Deutschland nach einem auffälligen Befund typischerweise folgt und klären, wann welche Untersuchung – vom Herzultraschall bis zum Herz-CT – wirklich Sinn ergibt.
Dieser Leitfaden gibt Ihnen das notwendige Wissen an die Hand, um Ihre Situation besser zu verstehen, die richtigen Fragen im Arztgespräch zu stellen und die Notwendigkeit eines Belastungs-EKGs fundiert einzuordnen. Sie lernen, die Grenzen des Ruhe-EKGs zu verstehen und den Mehrwert der Belastungsdiagnostik als ersten, aber entscheidenden Schritt zur Abklärung Ihrer Herzgesundheit zu erkennen.
Um Ihnen einen klaren Überblick über die Diagnostik zu geben, ist dieser Artikel in logische Abschnitte unterteilt. Sie erfahren, warum das Ruhe-EKG oft nicht ausreicht, wie Sie sich optimal auf die Untersuchung vorbereiten und welche Schritte nach einem auffälligen Ergebnis folgen.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Wegweiser durch die kardiologische Diagnostik
- Warum zeigt das Ruhe-EKG keine Durchblutungsstörungen bei Belastung?
- Wie Sie sich auf Ihr Belastungs-EKG richtig vorbereiten: Die 6 wichtigsten Regeln
- Fahrrad oder Laufband: Welcher Belastungstest ist diagnostisch aussagekräftiger?
- Diese 4 Warnzeichen führen zum sofortigen Abbruch des Belastungs-EKGs
- Auffälliges Belastungs-EKG: Brauchen Sie jetzt einen Herzkatheter oder ein CT?
- Belastungs-EKG, Herzultraschall oder Herz-CT: Welche Untersuchung zeigt was?
- Herzkatheter oder Herz-CT: Welche Untersuchung ist wann die bessere Wahl?
- Herz-CT (Koronar-CT): Wie Sie Herzinfarkt-Risiko ohne Herzkatheter abklären
Warum zeigt das Ruhe-EKG keine Durchblutungsstörungen bei Belastung?
Die häufigste Frage von Patienten mit Belastungsbeschwerden lautet: „Warum war mein Ruhe-EKG unauffällig?“ Die Antwort liegt in einem grundlegenden Prinzip der Herzphysiologie: der koronaren Flussreserve. Stellen Sie sich die Herzkranzgefäße wie eine Wasserleitung zu einem Haus vor. In Ruhe, wenn nur ein Wasserhahn läuft, reicht der Druck auch dann aus, wenn die Hauptleitung zu 50 % oder sogar 70 % verengt ist. Sie bemerken nichts. Erst wenn Sie gleichzeitig duschen, die Waschmaschine läuft und der Garten bewässert wird – also unter „Belastung“ –, bricht der Wasserdruck zusammen. Das Wasser tröpfelt nur noch.
Genauso verhält es sich mit dem Herzen. In Ruhe benötigt der Herzmuskel relativ wenig Sauerstoff. Selbst eine signifikante Engstelle (Stenose) in einem Herzkranzgefäß kann oft noch genügend Blut durchlassen, um diesen Grundbedarf zu decken. Das Ruhe-EKG, das die elektrische Aktivität des ausreichend versorgten Herzmuskels misst, zeigt daher keinerlei Auffälligkeiten. Die Stenose ist hämodynamisch noch nicht relevant.
Erst unter körperlicher Anstrengung, wie sie beim Belastungs-EKG simuliert wird, steigt der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels um das Vier- bis Fünffache an. Gesunde Gefäße weiten sich und lassen mehr Blut durch – die koronare Flussreserve wird genutzt. Bei einer Engstelle ist diese Weitungsfähigkeit jedoch stark eingeschränkt. Das „Mehr“ an benötigtem Blut kommt nicht am Herzmuskel an. Es entsteht ein Sauerstoffmangel (Ischämie), der typische Veränderungen im EKG verursacht, wie z.B. eine ST-Strecken-Senkung. Genau diese Veränderung suchen wir als Kardiologen, um die funktionelle Relevanz einer Engstelle nachzuweisen.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass sich die kardiologische Diagnostik weiterentwickelt. Aktuelle kardiologische Leitlinien zeigen, dass der Stellenwert des alleinigen Belastungs-EKGs zur Erstdiagnose einer KHK im Vergleich zu bildgebenden Verfahren wie der Stressechokardiographie abgenommen hat. Es bleibt aber ein fundamentaler, schneller und überall verfügbarer Test, um einen ersten funktionellen Eindruck zu gewinnen und den weiteren diagnostischen Pfad zu bestimmen.
Wie Sie sich auf Ihr Belastungs-EKG richtig vorbereiten: Die 6 wichtigsten Regeln
Eine gute Vorbereitung auf Ihr Belastungs-EKG (Ergometrie) ist entscheidend für eine aussagekräftige und sichere Untersuchung. Es geht nicht nur darum, pünktlich zu sein; bestimmte Maßnahmen helfen Ihrem Kardiologen, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen und Risiken zu minimieren. Denken Sie daran, dass Sie eine körperliche Anstrengung erbringen werden, die überwacht werden muss. Eine korrekte Vorbereitung sorgt dafür, dass die Messwerte nicht durch externe Faktoren verfälscht werden.
Zu den wichtigsten Aspekten gehört Ihre Medikation. Insbesondere Medikamente, die die Herzfrequenz senken, wie Betablocker, können das Erreichen der für die Diagnostik notwendigen Ziel-Herzfrequenz verhindern. Es ist daher unerlässlich, dass Sie im Vorgespräch mit Ihrem Arzt klären, welche Medikamente Sie eventuell vor der Untersuchung pausieren müssen. Nehmen Sie niemals eigenmächtig Änderungen an Ihrer Medikation vor!
Auch die richtige Kleidung und eine leichte Mahlzeit spielen eine wichtige Rolle. Sie sollten sich wohlfühlen und Bewegungsfreiheit haben. Die Untersuchung mit nüchternem Magen durchzuführen ist kontraproduktiv, da es zu einer Unterzuckerung kommen kann, die die Belastbarkeit senkt und die Symptome verfälschen kann. Eine schwere Mahlzeit kurz davor ist aber ebenfalls zu vermeiden.

Die hier gezeigte Ausstattung – bequeme Sportkleidung, passende Schuhe und ein Handtuch – ist die ideale Vorbereitung, um sich auf die körperliche Anstrengung zu konzentrieren. Diese kleinen Details tragen zu einer reibungslosen und aussagekräftigen Untersuchung bei.
Ihre Checkliste für den Termin zum Belastungs-EKG
- Medikamente besprechen: Klären Sie mit dem Arzt, ob Medikamente (insbesondere Betablocker) vor der Untersuchung abgesetzt werden müssen.
- Leichte Mahlzeit: Essen Sie etwa zwei Stunden vor dem Termin eine kleine, leicht verdauliche Mahlzeit. Erscheinen Sie nicht mit nüchternem Magen.
- Passende Kleidung: Bringen Sie bequeme Sportkleidung (z. B. eine lockere Hose) und feste Turnschuhe mit.
- Dokumente bereithalten: Denken Sie an den Überweisungsschein Ihres Hausarztes und Ihre elektronische Gesundheitskarte.
- Körperliche Einschränkungen mitteilen: Informieren Sie den Arzt vorab über jegliche Probleme mit Gelenken (Knie, Hüfte) oder andere orthopädische Beschwerden.
- Handtuch einpacken: Sie werden wahrscheinlich ins Schwitzen kommen, ein kleines Handtuch ist daher nützlich.
Fahrrad oder Laufband: Welcher Belastungstest ist diagnostisch aussagekräftiger?
Wenn Sie einen Termin für ein Belastungs-EKG vereinbaren, werden Sie in der Regel auf ein Fahrradergometer stoßen. Während das Laufband in amerikanischen Filmen allgegenwärtig ist, hat sich in der deutschen Kardiologie das Fahrrad fest etabliert. Dies hat weniger mit kulturellen Vorlieben als vielmehr mit handfesten diagnostischen Vorteilen zu tun. Die Wahl des Geräts beeinflusst maßgeblich die Qualität der Untersuchung und die Sicherheit des Patienten.
Der entscheidende Vorteil des Fahrradergometers ist die Stabilität des Oberkörpers. Während der Patient sitzt und in die Pedale tritt, bleibt der Oberkörper relativ ruhig. Dies ermöglicht eine artefaktarme EKG-Ableitung. Muskelzittern und Bewegungen, die beim Laufen auf dem Laufband unvermeidlich sind, können die feinen elektrischen Signale des Herzens überlagern und die Auswertung erschweren. Eine saubere EKG-Kurve ist jedoch die Grundvoraussetzung für eine verlässliche Diagnose. Zudem ist die Blutdruckmessung am Oberarm während des Radfahrens deutlich einfacher und genauer durchzuführen als im Laufen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die präzise Steuerung der Belastung. Beim Fahrradergometer wird die Belastung in Watt exakt vorgegeben und in der Regel alle zwei Minuten stufenweise erhöht (z.B. um 25 oder 50 Watt). Dies ermöglicht eine standardisierte und reproduzierbare Untersuchung, deren Ergebnisse gut vergleichbar sind. In Deutschland ist die Fahrradergometrie am weitesten verbreitet, während in den USA das Laufband dominiert, was auch die unterschiedlichen nationalen Leitlinien widerspiegelt.
Das folgende Tableau fasst die wesentlichen Unterschiede zusammen und zeigt, warum das Fahrradergometer für die kardiologische Standarddiagnostik in deutschen Praxen die Methode der Wahl ist.
| Kriterium | Fahrradergometer | Laufband |
|---|---|---|
| Verbreitung in Deutschland | Über 90% der Praxen | Selten, hauptsächlich Spezialkliniken |
| EKG-Qualität | Stabile Ableitung ohne Muskelzittern | Mehr Bewegungsartefakte |
| Belastungssteuerung | Präzise Watt-Steigerung (alle 2 Min um 25-50 Watt) | Geschwindigkeit und Neigung variabel |
| Blutdruckmessung | Einfach während der Belastung | Schwieriger während des Laufens |
| Geeignet für | Standarddiagnostik, ältere Patienten | Leistungssportler, spezifische Laufbeschwerden |
Diese 4 Warnzeichen führen zum sofortigen Abbruch des Belastungs-EKGs
Die Sicherheit des Patienten hat während eines Belastungs-EKGs oberste Priorität. Viele Patienten haben die Sorge, während der Untersuchung überlastet zu werden. Diese Angst ist unbegründet. Sie sind zu keinem Zeitpunkt allein. Eine erfahrene medizinische Fachkraft und oft auch der Arzt selbst überwachen Sie kontinuierlich. Es gibt klare, standardisierte Abbruchkriterien, die bei den ersten Anzeichen einer kritischen Situation sofortiges Handeln erfordern. Das Ziel ist es, das Herz an seine Leistungsgrenze zu bringen, aber niemals darüber hinaus.
Das offensichtlichste Warnzeichen ist das Auftreten einer Angina pectoris – ein typisches Enge- oder Schmerzgefühl in der Brust, das auf einen akuten Sauerstoffmangel des Herzmuskels hindeutet. Sobald der Patient solche Beschwerden äußert, wird die Untersuchung sofort beendet. Genauso wichtig ist die Überwachung des Blutdrucks. Ein übermäßiger Anstieg ist ein klares Stoppsignal. Als kritisch gilt eine Blutdruckerhöhung auf mehr als 240 mm Hg systolisch oder 120 mm Hg diastolisch.
Paradoxerweise ist aber auch ein fehlender oder sogar abfallender Blutdruck unter steigender Belastung ein alarmierendes Zeichen. Es deutet darauf hin, dass die Pumpfunktion des Herzens nachlässt und es nicht mehr in der Lage ist, den Kreislauf aufrechtzuerhalten. Weitere klinische Symptome wie plötzliche Atemnot, Blässe, Schwindel oder eine schwere muskuläre Erschöpfung, die über die normale Anstrengung hinausgeht, führen ebenfalls zum Abbruch. Der Arzt beobachtet aber nicht nur Sie, sondern vor allem den Monitor mit Ihrer Herzstromkurve. Treten dort bedrohliche Herzrhythmusstörungen oder eindeutige Ischämie-Zeichen (wie eine ausgeprägte ST-Senkung) auf, wird die Belastung sofort gestoppt, oft noch bevor der Patient selbst etwas merkt.
Die ständige Überwachung ist der Schlüssel zur Sicherheit, wie auch Experten betonen. Sie sind in sicheren Händen.
Das Belastungs-EKG wird unter ständiger Kontrolle durch den Arzt durchgeführt. Der Patient ist niemals allein im Raum, so dass direkt kompetent auf Beschwerden wie Brustschmerzen, Schwindel oder Luftnot reagiert werden kann. Verändert sich die Herzstromkurve, bricht der Arzt die Untersuchung sofort ab.
– Dr. Gamm, Kardiologie Gamm – Sportmedizin
Auffälliges Belastungs-EKG: Brauchen Sie jetzt einen Herzkatheter oder ein CT?
Ein auffälliges Belastungs-EKG ist zunächst einmal ein wichtiger Befund, aber noch keine endgültige Diagnose und schon gar kein Grund zur Panik. Es bedeutet, dass der Verdacht auf eine relevante Durchblutungsstörung des Herzens erhärtet wurde. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Wie geht es weiter? Die Vorstellung, direkt eine Herzkatheter-Untersuchung zu benötigen, beunruhigt viele Patienten. Doch der diagnostische Pfad in der modernen deutschen Kardiologie ist weitaus differenzierter.
Die erste Regel lautet: Nicht jeder auffällige Befund führt automatisch zum Herzkatheter. Die Entscheidung hängt von der Höhe des Risikos und dem individuellen Patientenprofil ab. Bei einem hochpathologischen Befund im Belastungs-EKG, vielleicht sogar in Kombination mit typischen Beschwerden schon bei niedriger Belastung, ist der direkte Weg zur Herzkatheter-Untersuchung oft der richtige. Der Grund: Hier besteht nicht nur die Möglichkeit, die Engstelle exakt darzustellen, sondern sie im selben Eingriff mittels Ballonaufdehnung und Stent-Implantation sofort zu behandeln (therapeutische Option).
Bei einem Befund, der auf ein niedriges bis mittleres Risiko hindeutet, favorisieren die deutschen Leitlinien jedoch zunächst weitere nicht-invasive bildgebende Verfahren. Hier geht es darum, den Befund des Belastungs-EKGs zu bestätigen und zu lokalisieren, ohne sofort einen invasiven Eingriff vorzunehmen. Zu diesen Verfahren gehören vor allem die Stressechokardiographie (Herzultraschall unter Belastung) oder das Stress-MRT. Diese Methoden zeigen, ob unter Belastung tatsächlich ein Wandabschnitt des Herzens in seiner Bewegung gestört ist, was ein sehr spezifischer Hinweis auf eine Durchblutungsstörung ist.

Die Entscheidung über den nächsten Schritt gleicht der Wahl des richtigen Weges in einem gut ausgeschilderten System. Das Belastungs-EKG ist der erste Wegweiser. Je nachdem, was er anzeigt, wird der Kardiologe den sichersten und informativsten Pfad wählen – sei es der direkte Weg zur „Reparatur“ mittels Herzkatheter oder der Umweg über eine detaillierte „Landkarte“ durch ein Herz-CT oder Stressecho.
Belastungs-EKG, Herzultraschall oder Herz-CT: Welche Untersuchung zeigt was?
Nach einem ersten auffälligen Belastungs-EKG beginnt das, was man als „diagnostisches Puzzle“ bezeichnen könnte. Verschiedene Untersuchungsmethoden liefern unterschiedliche Informationen über das Herz. Keine Methode ist pauschal „besser“ als die andere; sie beantworten unterschiedliche Fragen. Als Patient ist es hilfreich zu verstehen, welche Untersuchung welchen Teil des Puzzles beleuchtet, um die Vorschläge Ihres Kardiologen besser einordnen zu können.
Das Belastungs-EKG prüft, vereinfacht gesagt, die „Elektrik“ des Herzens unter Last. Es zeigt uns, ob unter Anstrengung ein Sauerstoffmangel auftritt, der die elektrische Erregungsausbreitung stört. Es sagt uns aber nicht, wo genau die Engstelle sitzt oder wie die Pumpfunktion des Herzens aussieht. Der Herzultraschall (Echokardiographie) hingegen untersucht die „Mechanik“: die Pumpkraft des Herzmuskels, die Größe der Herzkammern und die Funktion der Herzklappen. In Ruhe durchgeführt, kann er eine bereits bestehende Herzschwäche oder einen Klappenfehler aufdecken.
Die Stressechokardiographie kombiniert beides: Es ist ein Herzultraschall, der vor und direkt nach einer Belastung (meist auf dem Fahrrad) durchgeführt wird. Hier sehen wir, ob ein bestimmter Teil der Herzwand unter Belastung anfängt, sich schlechter zu bewegen. Dies ist ein sehr spezifischer Hinweis auf eine Durchblutungsstörung in genau diesem Areal. Wichtig zu wissen ist, dass bei Frauen und Patienten mit Bluthochdruck häufig zu falsch-positiven Befunden im alleinigen Belastungs-EKG kommt. Für sie ist die Stressechokardiographie oft die genauere Methode. Das Herz-CT (Koronar-CT) schließlich visualisiert die „Anatomie“: Es erstellt ein detailliertes 3D-Bild der Herzkranzgefäße und kann Verkalkungen (Plaques) und Engstellen direkt sichtbar machen, ohne dass ein Katheter eingeführt werden muss.
Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen schnellen Überblick, welche Untersuchung welche primäre Frage beantwortet und somit hilft, das diagnostische Puzzle zusammenzusetzen.
| Untersuchung | Was wird untersucht | Wann eingesetzt | Vorteile |
|---|---|---|---|
| Belastungs-EKG | ‚Elektrik‘ unter Last | Herzrhythmusstörung, schwacher Herzmuskel oder Herzkranzgefäßverengung | Schnell, kostengünstig, weit verfügbar |
| Herzultraschall (Echo) | ‚Mechanik‘ – Pumpfunktion, Klappen | Herzschwäche, Klappenfehler | Keine Strahlung, sofort durchführbar |
| Stressechokardiographie | Herzfunktion unter Belastung | Bei Frauen und Patienten mit Bluthochdruck wegen häufiger falsch-positiver Belastungs-EKG Befunde | Genauer als reines Belastungs-EKG |
| Herz-CT | ‚Anatomie‘ der Herzkranzgefäße | Mittleres KHK-Risiko, Kalk-Score | Nicht-invasiv, ambulant |
Herzkatheter oder Herz-CT: Welche Untersuchung ist wann die bessere Wahl?
Wenn nach den ersten Untersuchungen der Verdacht auf eine relevante Engstelle der Herzkranzgefäße weiter besteht, rücken zwei hochentwickelte Verfahren in den Fokus: die Herzkatheter-Untersuchung (Koronarangiographie) und das Herz-CT (Koronar-CT). Für Patienten ist der Unterschied oft nicht klar, dabei verfolgen beide fundamental unterschiedliche Ansätze. Die Entscheidung für die eine oder andere Methode ist eine der wichtigsten Weichenstellungen im diagnostischen Pfad.
Eine hervorragende Metapher zur Erklärung lautet: Das Herz-CT erstellt eine ‚Landkarte‘ der Herzkranzgefäße. Es ist ein rein diagnostisches, nicht-invasives Verfahren. Mithilfe von Kontrastmittel und Röntgenstrahlen wird ein hochauflösendes 3D-Modell Ihrer Koronararterien erstellt. Wir können genau sehen, OB es Engstellen gibt, WO sie sich befinden und wie stark sie verkalkt sind. Wir können aber nicht direkt eingreifen. Das Herz-CT ist ideal für Patienten mit einem mittleren Risiko, bei denen man erst einmal Klarheit über die Anatomie gewinnen möchte, ohne sofort invasiv zu werden.
Die Herzkatheter-Untersuchung hingegen ist wie eine ‚Befahrung der Straßen mit der Möglichkeit, eine Baustelle sofort zu reparieren‘. Hierbei wird ein dünner Schlauch (Katheter) über eine Arterie in der Leiste oder am Handgelenk bis zum Herzen vorgeschoben. Unter Kontrastmittelgabe werden die Gefäße ebenfalls sichtbar gemacht (Diagnostik). Der entscheidende Unterschied: Stellt der Kardiologe eine hochgradige Engstelle fest, die für die Beschwerden verantwortlich ist, kann er im selben Eingriff einen Ballon zur Aufdehnung der Engstelle und einen Stent (ein kleines Röhrchen aus Metallgeflecht) zur Stabilisierung des Gefäßes einsetzen (Therapie). Dieses Verfahren ist daher die erste Wahl bei Patienten mit hohem Risiko, einem akuten Herzinfarkt oder hochgradigem Verdacht auf eine kritische Stenose, da Diagnostik und Behandlung in einem Schritt erfolgen.
Die Kostenübernahme ist in Deutschland klar geregelt: Während die Notwendigkeit für einen Herzkatheter eindeutig ist, wird das Herz-CT oft im Rahmen der Abklärung eingesetzt. Die Kosten für das initiale Belastungs-EKG sind dabei sehr gering; so werden die Kosten von 22,75€ von der GKV übernommen, während Privatversicherte je nach Aufwand mit höheren Sätzen rechnen müssen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein normales Ruhe-EKG schließt eine koronare Herzkrankheit (KHK) nicht aus, da Engstellen erst unter Belastung relevant werden.
- Das Belastungs-EKG auf dem Fahrrad ist in Deutschland der Standard-Ersttest zur Abklärung von Belastungsbeschwerden und zur funktionellen Beurteilung.
- Ein auffälliger Befund führt nicht direkt zum Herzkatheter; meist folgen erst nicht-invasive Bildgebungen wie Herz-CT oder Stressechokardiographie.
Herz-CT (Koronar-CT): Wie Sie Ihr Herzinfarkt-Risiko ohne Herzkatheter abklären
Das Herz-CT, auch Kardio-CT oder Koronar-CT genannt, hat die kardiologische Diagnostik in den letzten Jahren revolutioniert. Es bietet die Möglichkeit, mit hoher Präzision einen Blick in die Herzkranzgefäße zu werfen, ohne dass ein invasiver Eingriff wie bei der Herzkatheter-Untersuchung notwendig ist. Für viele Patienten mit unklaren Brustschmerzen und einem mittleren Risiko für eine koronare Herzkrankheit (KHK) ist es heute eine entscheidende Methode zur Abklärung.
Der häufigste Einsatzbereich ist die Beurteilung einer möglichen KHK. Die Untersuchung kann mit sehr hoher Sicherheit relevante Engstellen ausschließen. Ein unauffälliges Herz-CT hat einen extrem hohen negativen Vorhersagewert – das bedeutet, man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass keine bedrohlichen Stenosen vorliegen. Dies ist für Patienten eine enorme Beruhigung. Die deutschen Leitlinien empfehlen das Herz-CT besonders für Patienten, bei denen andere nicht-invasive Tests wie das Belastungs-EKG keine eindeutigen Ergebnisse geliefert haben.
Ein wesentlicher Bestandteil der Untersuchung ist die Erhebung des Kalk-Scores (Calcium-Score). Dieser Wert misst die Menge an Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen. Ein Score von Null bedeutet ein sehr niedriges Herzinfarktrisiko für die nächsten Jahre. Ein hoher Score hingegen ist ein starker unabhängiger Risikofaktor und veranlasst den Kardiologen, eine intensive medikamentöse Therapie zur Risikosenkung (z.B. mit Statinen und ASS) einzuleiten. Der Ablauf selbst ist für den Patienten unkompliziert und schnell:
- Vorbereitung: Gegebenenfalls wird kurz vor der Untersuchung ein Medikament (Betablocker) zur Senkung der Herzfrequenz verabreicht, um eine optimale Bildqualität zu gewährleisten.
- Untersuchung: Sie liegen auf einer Liege, die sich durch den CT-Scanner bewegt. Über einen Venenzugang wird ein jodhaltiges Kontrastmittel gespritzt, das die Herzkranzgefäße sichtbar macht. Die eigentliche Aufnahme dauert nur wenige Sekunden.
- Dauer: Die gesamte Untersuchung inklusive Vor- und Nachbereitung dauert meist nur 10 bis 15 Minuten.
- Befund: Der Radiologe wertet die Bilder aus und bespricht den Befund im Anschluss mit Ihnen oder leitet ihn an Ihren Kardiologen weiter.
Das Herz-CT ist somit ein elegantes und schonendes Verfahren, um anatomische Klarheit zu schaffen und das individuelle Risiko präzise zu bewerten. Es ersetzt den Herzkatheter nicht in allen Fällen, aber es hilft, ihn bei den Patienten zu vermeiden, die ihn nicht benötigen.
Die Abklärung von Herzbeschwerden ist ein schrittweiser Prozess. Das Belastungs-EKG ist dabei oft der erste und entscheidende Schritt, um von einem vagen Verdacht zu einem konkreten Befund zu gelangen. Sollten bei Ihnen Symptome unter Belastung auftreten, zögern Sie nicht, dies mit Ihrem Arzt zu besprechen. Ein proaktiver Ansatz ist der beste Schutz für Ihr Herz.