Veröffentlicht am März 15, 2024

Die wichtigste Maßnahme nach einer Herzdiagnose ist nicht die Einnahme eines Medikaments, sondern das Erlangen von Gesundheitskompetenz.

  • Patienten, die ihre Krankheit und deren Behandlung verstehen, haben nachweislich eine bessere Prognose und eine höhere Lebensqualität.
  • Das deutsche Gesundheitssystem bietet konkrete Werkzeuge wie den bundeseinheitlichen Medikationsplan oder das Recht auf eine Zweitmeinung, die Sie als Patient aktiv nutzen müssen.

Empfehlung: Wechseln Sie von der Rolle des passiven Empfängers von Anweisungen zum aktiven Partner im Gespräch mit Ihren Ärzten, um Ihre Behandlung selbstbestimmt mitzugestalten.

Die Worte des Arztes hallen noch nach, doch der genaue Sinn ist bereits verschwommen. Diagnose: Herzerkrankung. Für die meisten Menschen ist dieser Moment ein Schock, gefolgt von Verwirrung und Angst. Im Kopf schwirren Fachbegriffe wie „Stent“, „Ejektionsfraktion“ oder „koronare Herzkrankheit“. Der erste Impuls ist oft, sich auf die verordneten Medikamente und die nächsten anstehenden Untersuchungen zu konzentrieren. Man denkt an mehr Bewegung, an gesündere Ernährung – die klassischen Ratschläge, die man überall hört.

Doch was wäre, wenn der gefährlichste Risikofaktor für einen schlechten Krankheitsverlauf nicht Ihr Cholesterinspiegel, sondern Ihr mangelndes Verständnis wäre? Die Fähigkeit, die eigene Erkrankung zu begreifen, medizinische Informationen zu bewerten und fundierte Entscheidungen zu treffen – die sogenannte Gesundheitskompetenz – ist kein nettes Extra, sondern ein entscheidender Baustein für den Therapieerfolg. Sie ist das Fundament, auf dem alles andere aufbaut. Ohne sie bleibt die beste medizinische Versorgung oft wirkungslos, weil Anweisungen nicht verstanden, Medikamente falsch eingenommen oder Warnsignale ignoriert werden.

Dieser Artikel ist Ihr persönlicher Leitfaden, verfasst aus der Sicht eines Kardiologen, der sich auf Patientenkommunikation spezialisiert hat. Es geht nicht darum, medizinisches Fachwissen zu ersetzen, sondern Sie zu befähigen, die richtigen Fragen zu stellen, verlässliche Informationen zu finden und zu einem selbstbewussten, aktiven Partner Ihrer behandelnden Ärzte zu werden. Wir werden gemeinsam die entscheidenden Werkzeuge durchgehen, die Ihnen das deutsche Gesundheitssystem an die Hand gibt, um Ihre Gesundheit aktiv zu managen.

Für alle, die ein konkretes Beispiel für die Aufklärung über Herzmedikamente bevorzugen, bietet das folgende Video einen praxisnahen Einblick in die Wirkweise und Anwendung von Betablockern, einem der häufigsten Medikamente in der Kardiologie.

Um Ihnen eine klare Orientierung zu geben, wie Sie Schritt für Schritt die Kontrolle über das Verständnis Ihrer Erkrankung zurückgewinnen, ist dieser Artikel in logische Abschnitte unterteilt. Der folgende Überblick zeigt Ihnen den Weg vom passiven Patienten zum informierten Gesundheitspartner.

Warum haben Patienten, die ihre Erkrankung nicht verstehen, eine 50% höhere Sterblichkeit?

Die Aussage mag drastisch klingen, aber die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Ein Mangel an Gesundheitskompetenz ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine höhere Sterblichkeit bei Herzerkrankungen. Es geht hier nicht um Intelligenz oder Bildungsgrad, sondern um die konkrete Fähigkeit, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden. Der aktuelle Deutsche Herzbericht zeigt einen besorgniserregenden Trend: Nachdem die Sterblichkeit durch Herzerkrankungen jahrelang sank, steigen die Zahlen wieder an. In Deutschland starben im Jahr 2022 216.944 Menschen an Herzkrankheiten, was einen deutlichen Anstieg darstellt.

Experten führen diesen Anstieg unter anderem auf eine unzureichende Therapietreue zurück, die oft direkt aus mangelndem Verständnis resultiert. Wenn ein Patient nicht versteht, warum er ein bestimmtes Medikament täglich einnehmen muss, auch wenn er sich gut fühlt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er es absetzt. Wenn die Bedeutung von Warnsymptomen wie zunehmender Atemnot oder Schwellungen an den Beinen nicht klar ist, wird möglicherweise zu spät ärztliche Hilfe gesucht.

Der Deutsche Herzbericht 2024 untermauert dies und hebt hervor, dass die Komplexität des deutschen Gesundheitssystems mit Aspekten wie Zuzahlungen und Rabattverträgen bei Medikamenten zusätzlich zur Verwirrung beitragen kann. Ein Patient, der in der Apotheke plötzlich ein anderes Präparat mit gleichem Wirkstoff erhält, könnte verunsichert sein und die Einnahme fälschlicherweise stoppen. Genau hier setzt Gesundheitskompetenz an: Sie befähigt Sie, solche Situationen zu verstehen, nachzufragen und die richtigen Entscheidungen für Ihre Gesundheit zu treffen. Es ist die Brücke zwischen der besten verfügbaren Medizin und ihrer tatsächlichen Wirksamkeit in Ihrem Alltag.

Die 10 wichtigsten Fragen, die Sie Ihrem Kardiologen nach der Diagnose stellen sollten

Ein Arztgespräch, insbesondere nach einer schwerwiegenden Diagnose, kann überwältigend sein. Informationen prasseln auf Sie ein und oft fallen einem die wichtigsten Fragen erst auf dem Heimweg ein. Eine gute Vorbereitung ist daher entscheidend. Gehen Sie niemals unvorbereitet in ein wichtiges Gespräch. Schreiben Sie Ihre Fragen auf und nehmen Sie den Zettel mit. Das zeigt Ihrem Arzt nicht nur, dass Sie engagiert sind, sondern hilft Ihnen auch, nichts zu vergessen.

Ein Patient stellt in einer modernen deutschen Kardiologie-Praxis gezielte Fragen an seinen Arzt.

Als Kardiologe weiß ich, welche Fragen Ihnen helfen, ein klares Bild Ihrer Situation zu bekommen. Hier sind die 10 wichtigsten Fragen, die Sie als Ausgangspunkt für Ihr nächstes Gespräch nutzen sollten:

  1. Was genau ist meine Diagnose? Bitten Sie um eine Erklärung in einfachen Worten, nicht nur um den lateinischen Fachbegriff.
  2. Was ist die Ursache meiner Erkrankung? Gibt es beeinflussbare Risikofaktoren wie Lebensstil oder genetische Veranlagungen?
  3. Wie ist die Prognose? Was bedeutet diese Erkrankung für meine Lebenserwartung und Lebensqualität?
  4. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es und was sind die Vor- und Nachteile? (z.B. Medikamente, Eingriff, Operation)
  5. Was sind die nächsten Schritte? Welche Untersuchungen oder Termine stehen als Nächstes an?
  6. Was kann ich selbst tun? Welche Änderungen im Lebensstil (Ernährung, Bewegung) sind für mich am wichtigsten?
  7. Auf welche Warnsymptome muss ich achten und wie soll ich dann reagieren? (Wann Hausarzt, wann Notruf 112?)
  8. Welche Auswirkungen hat die Erkrankung/Behandlung auf meinen Alltag? (Arbeit, Sport, Reisen, Sexualität)
  9. Wo finde ich verlässliche, weiterführende Informationen? Bitten Sie um Empfehlungen für Webseiten oder Broschüren.
  10. Wer ist mein Hauptansprechpartner für die weitere Betreuung? (Hausarzt, niedergelassener Kardiologe)

Zögern Sie nicht, eine Vertrauensperson zum Gespräch mitzunehmen. Vier Ohren hören mehr als zwei, und eine Begleitung kann emotional unterstützen und helfen, sich Notizen zu machen.

Myokardischämie, Ejektionsfraktion, NYHA: Medizinische Begriffe einfach erklärt

Ärzte neigen dazu, in ihrer Fachsprache zu kommunizieren. Das ist keine böse Absicht, sondern Gewohnheit. Für Sie als Patient sind diese Begriffe jedoch oft wie eine Fremdsprache. Ein zentraler Teil der Gesundheitskompetenz ist es, diese Begriffe zu „übersetzen“ oder, noch besser, den Arzt um eine Übersetzung zu bitten. Lassen Sie uns drei häufige, aber oft missverstandene Begriffe aus der Kardiologie entschlüsseln.

Myokardischämie: Das klingt kompliziert, bedeutet aber schlicht eine Minderdurchblutung des Herzmuskels. Die Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel mit Sauerstoff versorgen, sind verengt. Dadurch bekommt der Muskel bei Belastung zu wenig „Treibstoff“. Dies kann zu Brustschmerzen (Angina Pectoris) oder einem Herzinfarkt führen. In Deutschland ist dies oft der Grund für eine Überweisung in eine sogenannte „Chest Pain Unit“, eine spezialisierte Abteilung in vielen Kliniken zur schnellen Abklärung von Brustschmerzen.

Ejektionsfraktion (EF): Dies ist einer der wichtigsten Messwerte für die Herzleistung. Die EF gibt in Prozent an, wie viel Blut das Herz bei einem Schlag aus der linken Herzkammer pumpt. Ein gesundes Herz hat eine EF von ca. 55-70%. Eine EF von unter 40% deutet auf eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) hin. Dieser Wert ist in Deutschland oft entscheidend für Therapieentscheidungen, zum Beispiel ob der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) die Implantation eines Defibrillators (ICD) genehmigt, der bei gefährlichen Rhythmusstörungen lebensrettend sein kann.

NYHA-Klassifikation: Dies ist eine Einteilung des Schweregrades einer Herzschwäche, benannt nach der New York Heart Association. Sie beschreibt, wie stark die körperliche Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Das Besondere an dieser Klassifikation ist, wie gut sie sich in den Alltag übersetzen lässt und welche sozialrechtliche Relevanz sie in Deutschland hat.

Die folgende Tabelle hilft Ihnen, die NYHA-Klassen besser in Ihren Alltag und die damit verbundenen möglichen Ansprüche gegenüber der Krankenkasse in Deutschland einzuordnen.

NYHA-Klassifikation im deutschen Alltag
NYHA-Klasse Medizinische Definition Deutscher Alltag Relevanz für Krankenkasse
I Keine Beschwerden bei normaler Belastung Problemloses Treppensteigen, Einkaufen möglich Keine besonderen Leistungen
II Leichte Einschränkung der Belastbarkeit Kurzatmig beim Tragen einer Sprudelkiste in den ersten Stock DMP-Berechtigung möglich
III Starke Einschränkung Atemnot schon beim langsamen Gehen Reha-Anspruch, Hilfsmittel
IV Beschwerden in Ruhe Probleme schon im Sitzen ICD-Berechtigung bei EF<35%, Pflegegrad möglich

Dr. Google oder Herzzentrum: Wie Sie verlässliche Herzinformationen finden

Die erste Anlaufstelle nach einer Diagnose ist für viele die Suchmaschine. Doch das Internet ist ein Dschungel aus Informationen – von hochseriösen Universitätskliniken bis hin zu unseriösen Foren und Verkäufern von „Wundermitteln“. Falsche oder falsch interpretierte Informationen können unnötig Angst machen oder zu gefährlichen Fehlentscheidungen führen. Es ist daher unerlässlich, Kriterien für vertrauenswürdige Quellen zu kennen.

In Deutschland gibt es eine Reihe von Institutionen, die hochwertige und unabhängige Gesundheitsinformationen bereitstellen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Deutsche Herzstiftung. Wie sie selbst schreibt:

Die Deutsche Herzstiftung ist die größte gemeinnützige und unabhängige Anlaufstelle für Patienten, Angehörige und Interessierte im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland.

– Deutsche Herzstiftung, Offizielle Selbstbeschreibung

Neben der Herzstiftung sind auch Seiten von Universitätskliniken, medizinischen Fachgesellschaften (z.B. DGK – Deutsche Gesellschaft für Kardiologie) und offizielle Gesundheitsportale der Regierung oder von Krankenkassen verlässliche Quellen. Doch wie erkennen Sie eine gute Quelle, wenn Sie auf unbekannte Seiten stoßen? Die folgende Checkliste hilft Ihnen bei der Bewertung.

Ihre Checkliste für verlässliche Gesundheitsinformationen in Deutschland

  1. Siegel prüfen: Achten Sie auf anerkannte Qualitätssiegel wie das afgis-Qualitätslogo oder den HONcode, die eine unabhängige Prüfung der Inhalte signalisieren.
  2. Herausgeber identifizieren: Überprüfen Sie im Impressum, wer für die Seite verantwortlich ist. Handelt es sich um eine medizinische Fachgesellschaft, eine Uniklinik oder eine kommerzielle Firma?
  3. Autoren und Quellen checken: Sind die Autoren medizinische Experten? Werden die Quellen für die Informationen (z.B. Studien, Leitlinien) genannt?
  4. Aktualität kontrollieren: Suchen Sie nach dem Datum der letzten Aktualisierung. Medizinische Informationen sollten nicht älter als zwei bis drei Jahre sein.
  5. Offizielle Portale nutzen: Bevorzugen Sie Portale wie gesundheitsinformation.de (IQWiG) oder patienten-information.de (ÄZQ), die für ihre unabhängige und evidenzbasierte Aufbereitung bekannt sind.

Besondere Vorsicht ist bei Foren und sozialen Medien geboten. Erfahrungsberichte können zwar emotionalen Halt geben, aber sie sind kein Ersatz für eine medizinische Beratung. Was für eine Person funktioniert hat, kann für eine andere ungeeignet oder sogar schädlich sein.

Wie Sie reagieren, wenn Ihr Arzt Ihnen Ihre Herzerkrankung nicht verständlich erklärt

Trotz bester Absichten kommt es vor: Das Arztgespräch ist vorbei und Sie sind genauso ratlos wie zuvor. Zeitdruck in der Praxis, komplexe Sachverhalte und die bereits erwähnte Fachsprache können Barrieren aufbauen. Es ist wichtig zu wissen: Sie haben ein Recht auf verständliche Aufklärung. Dies ist in Deutschland sogar gesetzlich im Patientenrechtegesetz verankert.

Wenn Sie etwas nicht verstehen, ist es kein Zeichen von Schwäche, nachzufragen. Im Gegenteil, es ist ein Zeichen von Verantwortung für die eigene Gesundheit. Manchmal braucht es nur eine kleine, höfliche Intervention, um das Gespräch in die richtige Bahn zu lenken. Eine einfache, aber wirkungsvolle Formulierung kann dabei helfen, wie sie auch in der Patientenleitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Chronische KHK empfohlen wird:

Das Patientenrechtegesetz sichert mir eine verständliche Aufklärung zu. Könnten Sie es mir bitte noch einmal mit einfacheren Worten erklären?

– Empfohlene Formulierung, Patientenleitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Chronische Koronare Herzkrankheit

Scheuen Sie sich nicht, auch um visuelle Hilfsmittel zu bitten. Viele Praxen haben Herzmodelle oder anatomische Poster, die komplexe Zusammenhänge veranschaulichen können. Eine einfache Skizze auf einem Blatt Papier kann oft mehr Klarheit schaffen als viele Worte.

Die Hände eines Arztes erklären einem Patienten Details an einem anatomischen Herzmodell, um die Erkrankung verständlich zu machen.

Wenn die Kommunikation trotz wiederholter Versuche schwierig bleibt oder Sie grundlegende Zweifel an der empfohlenen Therapie haben, steht Ihnen in Deutschland der Weg zu einer Zweitmeinung offen. Dies ist ein etabliertes Recht. Ein praktisches Beispiel zeigt, wie das funktioniert: Ein 62-jähriger Patient mit KHK-Diagnose erhielt widersprüchliche Empfehlungen. Sein Hausarzt stellte ihm eine Überweisung zur „kardiologischen Zweitmeinung“ aus. Über die Arztsuche seiner Krankenkasse (in dem Fall die AOK) fand er einen Spezialisten, der die Notwendigkeit einer Herzkatheteruntersuchung bestätigte. Die Krankenkasse übernahm die Kosten vollständig. Ein wichtiger Tipp aus diesem Fall: Nehmen Sie eine Begleitperson mit. Sie agiert als „zweites Paar Ohren“ und kann die oft hierarchische Arzt-Patienten-Beziehung ausgleichen.

Kardiologe oder Internist: Welchen Arzt brauchen Sie für Ihre Herzerkrankung?

Das deutsche Gesundheitssystem ist hochspezialisiert, was für Patienten nicht immer leicht zu durchschauen ist. Wer ist der richtige Ansprechpartner? Hausarzt, Internist, Kardiologe, Herzzentrum? Zu verstehen, wer welche Rolle spielt, ist ein wichtiger Teil der Gesundheitskompetenz und hilft Ihnen, den richtigen Weg für Ihre Behandlung zu finden.

Der Hausarzt (oft ein Facharzt für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin) ist und bleibt Ihr zentraler Lotse im Gesundheitssystem. Er ist die erste Anlaufstelle bei Beschwerden, führt die Erstdiagnostik durch (z.B. EKG, Blutdruckmessung, Blutuntersuchung) und koordiniert die Weiterbehandlung. Er überweist Sie bei Bedarf an einen Spezialisten.

Der niedergelassene Kardiologe ist der Facharzt für Herzerkrankungen. Er verfügt über spezielle diagnostische Möglichkeiten wie Herzultraschall (Echokardiographie), Belastungs-EKG oder Langzeit-EKG. Er ist der richtige Ansprechpartner für die detaillierte Diagnosestellung und die langfristige Betreuung und Steuerung Ihrer Therapie bei einer chronischen Herzerkrankung.

Ein Herzzentrum oder eine kardiologische Klinikabteilung wird bei akuten Ereignissen (wie einem Herzinfarkt) oder für geplante Eingriffe wie eine Herzkatheteruntersuchung, das Einsetzen eines Stents oder eine Herzoperation aufgesucht. Hier arbeiten hochspezialisierte Teams, darunter auch interventionelle Kardiologen, die auf Kathetereingriffe spezialisiert sind, oder Rhythmologen, die sich mit Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern befassen.

Die folgende Tabelle fasst die Rollen der wichtigsten Ärzte im deutschen Gesundheitssystem bei Herzerkrankungen übersichtlich zusammen.

Arztrollen im deutschen Gesundheitssystem bei Herzerkrankungen
Facharzt Hauptaufgaben Wann aufsuchen Überweisung nötig?
Hausarzt Erstdiagnostik, Koordination, Überweisung Erste Anlaufstelle bei Beschwerden Nein
Niedergelassener Kardiologe Spezialdiagnostik, Langzeitbetreuung Nach Hausarzt-Überweisung Ja (meist)
Herzzentrum/Klinik Herzkatheter, OPs, komplexe Fälle Bei akuten Ereignissen oder geplanten Eingriffen Ja oder Notfall
Rhythmologe Herzrhythmusstörungen Bei Vorhofflimmern, Herzrasen Ja
Interventioneller Kardiologe Kathetereingriffe, Stents Bei verengten Herzkranzgefäßen Ja

Wie Sie als Patient die Kommunikation zwischen Ihren Ärzten verbessern

Ein häufiges Problem im Gesundheitssystem ist der Informationsverlust zwischen den verschiedenen Ärzten. Der Hausarzt weiß nicht genau, was im Krankenhaus besprochen wurde, der Kardiologe hat die letzten Blutwerte vom Diabetologen nicht. Sie als Patient sitzen oft zwischen den Stühlen. Doch auch hier können Sie eine aktive Rolle einnehmen und zum zentralen Informationsmanager Ihrer eigenen Gesundheit werden.

Ein entscheidendes Werkzeug dafür ist der bundeseinheitliche Medikationsplan. Seit 2016 haben Patienten in Deutschland, die mindestens drei verordnete Medikamente gleichzeitig einnehmen, einen gesetzlichen Anspruch darauf. Dieser Plan listet alle Ihre Medikamente mit Wirkstoff, Dosierung und Einnahmegrund auf. Legen Sie diesen Plan bei jedem Arzt- oder Krankenhausbesuch unaufgefordert vor und bitten Sie um eine Aktualisierung nach jeder Änderung. Er ist die wichtigste Brücke, um Medikationsfehler zu vermeiden.

Ein weiteres, zunehmend wichtiges Instrument ist die elektronische Patientenakte (ePA), die Sie bei Ihrer Krankenkasse beantragen können. Hier können Befunde, Arztbriefe und auch der Medikationsplan digital gespeichert werden. Sie selbst entscheiden, welchem Arzt Sie Zugriff auf welche Dokumente gewähren. Dies kann den Informationsfluss erheblich beschleunigen. Da die digitale Übermittlung aber noch nicht immer reibungslos funktioniert, gilt weiterhin die proaktive Devise:

  • Fordern Sie bei jedem wichtigen Arztbesuch oder nach jedem Krankenhausaufenthalt proaktiv eine Kopie des Arztbriefes für Ihre eigenen Unterlagen an.
  • Führen Sie einen eigenen Gesundheitsordner (digital oder auf Papier), in dem Sie alle wichtigen Befunde sammeln.
  • Bringen Sie relevante Vorbefunde selbst zum nächsten Arzttermin mit, anstatt sich darauf zu verlassen, dass diese übermittelt wurden.
  • Führen Sie ein persönliches Gesundheitstagebuch, in dem Sie Blutdruck- oder Blutzuckerwerte, auftretende Beschwerden oder besondere Ereignisse notieren.

Indem Sie diese einfachen Schritte befolgen, schließen Sie aktiv Informationslücken und tragen maßgeblich zur Sicherheit und Kontinuität Ihrer Behandlung bei.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gesundheitskompetenz – die Fähigkeit, medizinische Informationen zu verstehen und anzuwenden – ist ein entscheidender Faktor für den Therapieerfolg bei Herzerkrankungen.
  • Bereiten Sie sich auf Arztgespräche vor, indem Sie gezielte Fragen notieren, und nutzen Sie Ihr gesetzliches Recht auf verständliche Aufklärung und eine Zweitmeinung.
  • Werden Sie zum Manager Ihrer Gesundheitsdaten, indem Sie aktiv den Medikationsplan, die ePA und Kopien von Arztbriefen nutzen, um die Kommunikation zwischen Ihren Ärzten zu sichern.

Vom passiven Patienten zum aktiven Partner: Warum Ihre Mitwirkung entscheidend ist

Die Zeiten, in denen der Arzt allein entschied und der Patient passiv folgte, sind vorbei. Moderne Herzmedizin basiert auf dem Prinzip der gemeinsamen Entscheidungsfindung (Shared Decision-Making). Sie als Patient sind der Experte für Ihren Körper, Ihre Lebensumstände und Ihre Werte. Der Arzt ist der Experte für die medizinischen Fakten und Möglichkeiten. Nur wenn beide Expertisen zusammenkommen, kann die bestmögliche, individuell passende Therapie gefunden werden. Ihre Mitwirkung ist also kein „Kann“, sondern ein „Muss“ für den Erfolg.

Ein hervorragendes Beispiel für gelebte Partnerschaft in Deutschland sind die Disease-Management-Programme (DMP), zum Beispiel für die Koronare Herzkrankheit (KHK). Dies sind strukturierte Behandlungsprogramme, die von den gesetzlichen Krankenkassen angeboten werden. Wenn Sie sich über Ihren Hausarzt in ein solches Programm einschreiben, erhalten Sie nicht nur regelmäßige Kontrolltermine, sondern auch spezielle Schulungen zu Ernährung, Bewegung und dem Umgang mit Ihrer Erkrankung. Die Behandlung wird eng zwischen Haus- und Facharzt koordiniert. Studien zeigen klar, dass DMP-Teilnehmer eine bessere Prognose haben und seltener ins Krankenhaus müssen, weil sie durch das Programm zu aktiven Partnern ihrer Behandlung werden.

Der Weg zum aktiven Partner kann aber auch über den Austausch mit Gleichgesinnten führen. Der emotionale Aspekt einer chronischen Erkrankung darf nicht unterschätzt werden. Der Kontakt zu anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann Ängste nehmen und wertvolle Praxistipps für den Alltag liefern. Wie Prof. Dr. Bernhard Schwaab von der Deutschen Herzstiftung betont, ist dieser Austausch von unschätzbarem Wert:

Der gemeinsame Austausch in Herz-Selbsthilfegruppen zeigt Ihnen: Sie sind nicht alleine

– Prof. Dr. Bernhard Schwaab, Deutsche Herzstiftung – Ratgeber zu Selbsthilfegruppen

Ihre aktive Rolle ist der Schlüssel. Sie verwandelt die Diagnose von einem Schicksalsschlag in eine handhabbare Aufgabe, bei der Sie am Steuer sitzen.

Beginnen Sie noch heute damit, diese Werkzeuge zu nutzen. Fragen Sie Ihren Arzt nach dem DMP-Programm, bereiten Sie die 10 wichtigsten Fragen für Ihren nächsten Termin vor und werden Sie zum Manager Ihrer eigenen Herzgesundheit. Ihre Gesundheit ist es wert.

Häufige Fragen zum Verständnis von Herzerkrankungen

Was bedeutet eine Ejektionsfraktion von 35%?

Eine EF von 35% zeigt eine mittelgradige Herzschwäche an. Das Herz pumpt nur noch etwa ein Drittel des Blutes aus der linken Kammer. Dies ist in Deutschland oft die Grenze für die MDK-Genehmigung eines implantierbaren Defibrillators (ICD), der lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen beenden kann.

Was ist eine Myokardischämie?

Eine Myokardischämie ist eine Minderdurchblutung des Herzmuskels, meist verursacht durch verengte Herzkranzgefäße. In Deutschland führt der Verdacht auf eine akute Ischämie (z.B. bei Brustschmerzen) häufig zur sofortigen Überweisung in eine spezialisierte „Chest Pain Unit“, die in vielen Kliniken für die schnelle und standardisierte Abklärung eingerichtet wurde.

Wofür steht NT-proBNP?

NT-proBNP ist ein wichtiger Blutwert, der eine Belastung oder Dehnung des Herzmuskels anzeigt und somit ein Marker für eine Herzschwäche ist. Erhöhte Werte können Ihren Hausarzt dazu veranlassen, Sie umgehend zur weiteren Abklärung an einen Kardiologen oder ein spezialisiertes Herzzentrum zu überweisen, um die Ursache zu finden und eine Therapie einzuleiten.

Geschrieben von Martina Schäfer, Dr. med. Martina Schäfer ist Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie mit Zusatzbezeichnung Rehabilitationswesen und psychosomatische Grundversorgung. Seit 14 Jahren arbeitet sie als leitende Ärztin in einer kardiologischen Rehabilitationsklinik und ist spezialisiert auf die körperliche und psychische Wiederherstellung nach kardialen Ereignissen.