Veröffentlicht am März 15, 2024

Patientensicherheit ist kein passives Hoffen, sondern ein aktiver Prozess, den Sie mitgestalten können.

  • Verstehen Sie etablierte Sicherheits-Checks wie das „Team-Time-Out“ als Qualitätsmerkmal, nicht als Unsicherheit.
  • Nutzen Sie Instrumente wie den bundeseinheitlichen Medikationsplan konsequent, um Übertragungsfehler zu vermeiden.

Empfehlung: Sehen Sie sich als aktiven Sicherheitspartner des Klinikpersonals und nutzen Sie unsere Checklisten, um Risiken proaktiv zu minimieren.

Ein Krankenhausaufenthalt ist für die meisten Menschen mit Sorgen verbunden. Neben der eigenen Erkrankung schwingt oft die Angst vor dem Unbekannten mit: Was, wenn etwas schiefgeht? Wenn Medikamente verwechselt oder Keime übertragen werden? Diese Sorgen sind verständlich, denn man begibt sich in die Hände anderer und gibt ein Stück weit die Kontrolle ab. Viele Ratgeber empfehlen dann pauschal, „kritische Fragen zu stellen“ oder auf „saubere Hände zu achten“. Diese Ratschläge sind zwar nicht falsch, greifen aber zu kurz und lassen Patienten oft mit einem Gefühl der Ohnmacht zurück.

Doch was, wenn der Schlüssel zu mehr Sicherheit nicht allein darin liegt, passiv auf Fehler zu lauern, sondern die etablierten Sicherheitssysteme einer Klinik zu verstehen und aktiv mitzugestalten? Der moderne Ansatz der Patientensicherheit sieht Sie nicht als passiven Empfänger, sondern als aktiven Sicherheitspartner. Die scheinbar merkwürdige Frage nach Ihrem Namen kurz vor der Narkose oder die Meldung eines „Beinahe-Fehlers“ durch die Klinik sind keine Zeichen von Chaos, sondern Indikatoren einer funktionierenden Sicherheitskultur. Sie sind Teil eines Systems, das darauf ausgelegt ist, Risiken zu minimieren.

Dieser Artikel führt Sie hinter die Kulissen der Patientensicherheit in deutschen Krankenhäusern. Er übersetzt die Prozeduren der Profis in eine verständliche Sprache und gibt Ihnen konkrete Werkzeuge an die Hand. Sie lernen, die Sicherheitsmechanismen zu erkennen, die richtigen Fragen zur richtigen Zeit zu stellen und Ihre Rolle als entscheidendes Glied in der Sicherheitskette selbstbewusst wahrzunehmen. Statt Angst vor dem Kontrollverlust zu haben, gewinnen Sie die Kontrolle über Ihre eigene Sicherheit zurück.

In den folgenden Abschnitten beleuchten wir die wichtigsten Aspekte der Patientensicherheit, von der Aufnahme bis zur Entlassung. Wir erklären Ihnen, wie Sie die etablierten Prozesse für sich nutzen und was Sie konkret tun können, um Ihren Krankenhausaufenthalt so sicher wie möglich zu gestalten.

Warum fragt der Arzt kurz vor dem Schnitt nochmal nach Ihrem Namen?

Stellen Sie sich die Situation vor: Sie liegen im OP-Saal, das Team ist bereit, und kurz bevor die Narkose wirkt, beugt sich der Chirurg zu Ihnen und fragt: „Können Sie mir bitte noch einmal Ihren vollen Namen und Ihr Geburtsdatum nennen?“ Was wie eine beunruhigende Gedächtnislücke wirken könnte, ist in Wahrheit einer der wichtigsten System-Checks für Ihre Sicherheit. Dieses Ritual, bekannt als „Team-Time-Out“, ist ein international etablierter Standard, der Verwechslungen von Patienten, Eingriffen oder sogar Körperseiten verhindern soll. Es ist ein bewusstes Innehalten des gesamten Teams, um kritische Informationen abzugleichen. Es ist kein Zeichen von Vergesslichkeit, sondern von höchster Professionalität und funktionierender Sicherheitskultur.

Bei diesem finalen Check werden mehrere Punkte bestätigt: die Identität des Patienten, der geplante Eingriff und die korrekte Markierung der Operationsstelle. Eine Studie der Helios Kliniken, die dieses Verfahren bereits 2008 flächendeckend in Deutschland einführten, hat gezeigt, dass dadurch die Rate an Verwechslungen um über 90 % reduziert werden konnte. Wenn Sie also diese Frage hören, sollten Sie nicht beunruhigt, sondern beruhigt sein. Sie erleben gerade live, wie ein entscheidendes Sicherheitsnetz für Sie gespannt wird. Ihre aktive und klare Antwort ist dabei ein wichtiger Beitrag.

Als aktiver Sicherheitspartner können Sie diesen Prozess unterstützen. Tragen Sie Ihr Patientenarmband stets sichtbar und scheuen Sie sich nicht, selbst proaktiv nachzufragen, wenn Ihnen etwas unklar ist. Jede Überprüfung ist eine zusätzliche Sicherheitsbarriere. Ihre Beteiligung signalisiert dem Team, dass Sie ein informierter und aufmerksamer Partner auf dem Weg zu Ihrer Genesung sind.

Ihre Checkliste für die sichere Patientenidentifikation

  1. Armband prüfen: Tragen Sie Ihr Patientenarmband immer sichtbar und prüfen Sie regelmäßig die Korrektheit der Daten darauf.
  2. Aktiv antworten: Sprechen Sie Ihren Namen und Ihr Geburtsdatum klar und deutlich aus, wenn Sie gefragt werden – nicken Sie nicht nur.
  3. Proaktiv nachfragen: Fragen Sie vor jeder Medikamentengabe oder Untersuchung: „Könnten wir zur Sicherheit kurz meine Daten abgleichen?“
  4. Unstimmigkeiten melden: Melden Sie sofort, wenn Ihnen bei der Namensnennung oder im Gespräch mit dem Personal etwas merkwürdig vorkommt.
  5. Time-Out verstehen: Begreifen Sie das „Team-Time-Out“ vor einer Prozedur als Qualitätsmerkmal und nicht als Zeichen von Unsicherheit des Personals.

Screening vor Aufnahme: Haben Sie Anspruch auf den MRSA-Test vor der OP?

Die Angst vor „Krankenhauskeimen“, insbesondere vor Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA), ist weit verbreitet. Diese Bakterien sind gegen viele gängige Antibiotika unempfindlich und können schwere Infektionen auslösen. Wichtig ist jedoch, die Gefahr realistisch einzuschätzen und die präventiven Maßnahmen zu verstehen. Die gute Nachricht: Die MRSA-Prävalenz in deutschen Kliniken ist in den letzten Jahren gesunken. Eine Analyse des Robert Koch-Instituts zeigte für 2021, dass es im Median nur 0,54 MRSA-Fälle pro 100 Patienten bei der Aufnahme gab. Die Gefahr ist also real, aber dank strenger Hygienemaßnahmen und gezielter Screenings beherrschbar.

Ein genereller Anspruch auf einen MRSA-Test für jeden Patienten vor einer Operation besteht in Deutschland nicht. Die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sehen ein gezieltes Screening für Risikogruppen vor. Zu diesen Risikopatienten gehören beispielsweise Personen, die in den letzten 12 Monaten bereits stationär behandelt wurden, Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen, Dialysepatienten oder Menschen mit chronischen Wunden. Wenn Sie zu einer dieser Gruppen gehören, sollte Ihnen die Klinik proaktiv einen Test (meist ein einfacher Nasen- und Rachenabstrich) anbieten. Sind Sie unsicher, ob Sie zu einer Risikogruppe gehören? Sprechen Sie dies im Vorgespräch zur Operation aktiv an.

Labormitarbeiter bereitet MRSA-Screeningtest im deutschen Krankenhaus vor

Sollte bei Ihnen MRSA nachgewiesen werden, ist das kein Grund zur Panik. Es bedeutet nicht zwangsläufig, dass Sie krank sind, sondern nur, dass Sie den Keim auf der Haut oder Schleimhaut tragen. Vor der Operation wird dann eine spezielle Sanierungsbehandlung mit desinfizierenden Waschlotionen und Nasensalben durchgeführt, um die Keimlast zu reduzieren und das Infektionsrisiko während des Eingriffs drastisch zu senken. Das Screening ist also ein weiteres Beispiel für eine proaktive Sicherheitsmaßnahme zum Schutz Ihrer Gesundheit.

Der Entlassbrief stimmt nicht? Wie verhindern Sie Übertragungsfehler bei Ihren Tabletten?

Die Entlassung aus dem Krankenhaus ist ein kritischer Moment. Hier findet eine wichtige Übergabe statt – vom stationären in den ambulanten Sektor, also zu Ihrem Hausarzt. Fehler, die hier passieren, können die gesamte Behandlung gefährden. Ein Klassiker ist ein fehlerhafter oder unvollständiger Medikamentenplan im Entlassbrief. Plötzlich stehen dort andere Dosierungen oder es fehlen wichtige Medikamente. Um solche Pannen zu verhindern, hat der Gesetzgeber die Kliniken in die Pflicht genommen. Das Entlassmanagement ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die einen reibungslosen Übergang gewährleisten muss.

Seit 2017 haben Patienten in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf ein lückenloses Entlassmanagement. Wie das Bundesministerium für Gesundheit betont, ist dies eine gesetzliche Pflicht der Krankenhäuser. Das Ministerium hebt hervor:

Das Entlassmanagement ist seit 2017 eine gesetzliche Pflicht deutscher Krankenhäuser nach § 39 Abs. 1a SGB V. Patienten haben einen rechtlichen Anspruch auf einen lückenlosen Übergang in die ambulante Versorgung.

– Bundesministerium für Gesundheit, Gesetzliche Grundlagen des Entlassmanagements

Ein zentrales Werkzeug für Ihre Sicherheit ist der bundeseinheitliche Medikationsplan. Sie haben einen Anspruch darauf, diesen bei Ihrer Entlassung zu erhalten, wenn Sie mindestens drei verordnete Medikamente einnehmen. Dieser Plan enthält einen QR-Code, den Ihr Hausarzt oder Apotheker einfach einscannen kann, um alle Daten digital und fehlerfrei zu übernehmen. Bestehen Sie auf diesem Dokument und lassen Sie es sich vom Stationsarzt oder Apotheker der Klinik erläutern. Gehen Sie den Plan Punkt für Punkt durch und vergleichen Sie ihn mit den Medikamenten, die Sie tatsächlich erhalten haben.

Ihre Rolle als aktiver Sicherheitspartner ist hier besonders gefragt. Nutzen Sie den Entlassungstag, um letzte Unklarheiten zu beseitigen. Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie beachten sollten:

  • Fordern Sie den bundeseinheitlichen Medikationsplan an und lassen Sie sich den QR-Code erklären.
  • Gehen Sie den Arztbrief auf die Korrektheit Ihrer persönlichen Daten und Diagnosen durch.
  • Vereinbaren Sie noch aus der Klinik heraus einen Anschlusstermin bei Ihrem Hausarzt, idealerweise innerhalb von drei Tagen.
  • Notieren Sie sich eine Notfall-Telefonnummer der Klinik und der zuständigen Station.
  • Sprechen Sie frühzeitig mit dem Sozialdienst, falls Sie häusliche Pflege oder Hilfsmittel benötigen.

Aus Fehlern lernen: Warum es gut ist, wenn eine Klinik ihre „Beinahe-Fehler“ meldet

Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass in „Ihrer“ Klinik im letzten Jahr hunderte „Beinahe-Fehler“ gemeldet wurden. Ihr erster Impuls wäre vermutlich, das Krankenhaus zu wechseln. Doch diese Reaktion wäre falsch. Eine hohe Anzahl gemeldeter Beinahe-Fehler ist paradoxerweise ein exzellentes Zeichen für eine hochentwickelte Sicherheitskultur. Es bedeutet, dass das Personal aufmerksam ist, potenzielle Gefahren erkennt und das System so aufgebaut ist, dass diese Meldungen erwünscht und gefördert werden, um daraus zu lernen, bevor ein Patient zu Schaden kommt. Diese Systeme nennt man Critical Incident Reporting Systems (CIRS), also Fehlerberichts- und Lernsysteme.

Dr. Ruth Hecker, die Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, bringt es mit einer eindrucksvollen Analogie auf den Punkt:

Eine hohe Anzahl gemeldeter Beinahe-Fehler ist wie bei einer Fluggesellschaft – sie deutet nicht auf eine unsichere Airline hin, sondern auf eine, die Sicherheit extrem ernst nimmt.

– Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende Aktionsbündnis Patientensicherheit

In der Luftfahrt hat diese Kultur des Meldens und Lernens die Sicherheit revolutioniert. Im Gesundheitswesen ist sie genauso entscheidend. Eine Studie zur CIRS-Implementierung in deutschen Krankenhäusern zeigt, dass mittlerweile über 1000 Kliniken an solchen Systemen teilnehmen. Die anonyme Meldung von Ereignissen, bei denen gerade noch einmal alles gut gegangen ist – zum Beispiel eine Medikamentenverwechslung, die einer aufmerksamen Pflegekraft auffiel –, hat dort zu einer nachweislichen Reduktion von tatsächlichen Zwischenfällen um rund 30 % geführt. Eine Klinik, die ihre Beinahe-Fehler offenlegt und analysiert, ist also keine unsichere Klinik, sondern eine lernende und damit eine sicherere Klinik.

Was tun bei Verdacht auf Behandlungsfehler? Der korrekte Weg zur Schlichtungsstelle

Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen kann es vorkommen, dass etwas schiefgeht und Sie den Verdacht haben, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein. In einer solchen emotional belastenden Situation ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und systematisch vorzugehen. Der erste Impuls, einen Anwalt einzuschalten, ist nicht immer der beste oder schnellste Weg. In Deutschland gibt es ein etabliertes, für Patienten kostenfreies und außergerichtliches Verfahren, um solche Verdachtsfälle prüfen zu lassen: die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Landesärztekammern. Diese neutralen Gremien sind darauf spezialisiert, medizinische Sachverhalte zu bewerten.

Laut dem aktuellen Bericht der Bundesärztekammer wurden im Jahr 2023 insgesamt 13.058 Behandlungsfehlerverdachtsfälle bei den Schlichtungsstellen eingereicht. Diese Zahl zeigt, dass dieser Weg von vielen Patienten genutzt wird. Um einen Antrag stellen zu können, benötigen Sie eine lückenlose Dokumentation. Ihr erster und wichtigster Schritt ist daher die Anforderung Ihrer vollständigen Behandlungsunterlagen. Darauf haben Sie nach § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen gesetzlichen Anspruch. Die Klinik muss Ihnen Kopien der gesamten Akte zur Verfügung stellen.

Wenn Sie einen Behandlungsfehler vermuten, ist ein strukturiertes Vorgehen entscheidend. Die folgende Schritt-für-Schritt-Anleitung hilft Ihnen dabei, den korrekten Weg einzuschlagen:

  1. Gespräch suchen: Suchen Sie das offene Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder der Klinikleitung. Oft lassen sich Missverständnisse bereits hier ausräumen. Dokumentieren Sie das Ergebnis des Gesprächs.
  2. Unterlagen anfordern: Fordern Sie schriftlich Ihre vollständigen Behandlungsunterlagen an. Verweisen Sie dabei auf Ihren gesetzlichen Anspruch nach § 630g BGB.
  3. Krankenkasse kontaktieren: Informieren Sie Ihre Krankenkasse über Ihren Verdacht. Diese hat ein eigenes Interesse an der Aufklärung und kann ein kostenloses Gutachten beim Medizinischen Dienst (MD) in Auftrag geben.
  4. Antrag bei Schlichtungsstelle: Stellen Sie mit den gesammelten Unterlagen und ggf. dem MD-Gutachten einen Antrag bei der zuständigen Schlichtungsstelle Ihrer Landesärztekammer.
  5. Verjährung beachten: Dokumentieren Sie alle Schritte und behalten Sie die gesetzliche Verjährungsfrist von in der Regel drei Jahren im Blick.

Schwindel oder Brustdruck: Wann bricht das medizinische Personal sofort ab?

Während einer Behandlung oder Untersuchung sind Sie der wichtigste Sensor für Ihre eigene Sicherheit. Das medizinische Personal ist auf Ihre Rückmeldung angewiesen. Viele Patienten zögern, sich bei Beschwerden zu melden, aus Angst, als „wehleidig“ zu gelten oder die Prozedur unnötig zu stören. Dieses Zögern kann gefährlich sein. Es gibt klare Alarmsignale oder „Red Flags“, bei deren Auftreten das Personal eine Behandlung sofort unterbrechen oder anpassen muss. Ihre Aufgabe als aktiver Sicherheitspartner ist es, diese Signale Ihres Körpers ernst zu nehmen und unverzüglich mitzuteilen. Zögern Sie niemals, „Stopp!“ zu sagen, wenn etwas nicht stimmt.

Zu den wichtigsten Red-Flag-Symptomen, die Sie sofort melden müssen, gehören:

  • Plötzlich auftretende Atemnot oder ein starkes Engegefühl in der Brust
  • Ein neu aufgetretenes Taubheitsgefühl, Kribbeln oder eine Lähmungserscheinung in Armen oder Beinen
  • Starker Schwindel, Benommenheit oder das Gefühl, das Bewusstsein zu verlieren
  • Anzeichen einer allergischen Reaktion wie plötzlicher Hautausschlag, Juckreiz oder Schwellungen im Gesicht oder Hals
  • Ungewöhnlich starke Schmerzen, die sich anders anfühlen als die vom Arzt angekündigten Beschwerden
  • Plötzliche Sehstörungen, verschwommenes Sehen oder Sprachprobleme

Wenn Sie eines dieser Symptome melden, wird in der Klinik ein etablierter Notfallprozess aktiviert. Viele deutsche Krankenhäuser verfügen über ein sogenanntes Medical Emergency Team (MET). Das sind spezialisierte Notfallteams, die innerhalb weniger Minuten am Patientenbett sein können, um die Situation zu bewerten und einzugreifen. Eine Studie zeigt, dass in 78 % der Fälle, in denen Patienten frühzeitig solche Alarmsymptome meldeten und das MET aktiviert wurde, schwerwiegende Komplikationen wie ein Herzstillstand oder eine Verlegung auf die Intensivstation verhindert werden konnten. Ihre Stimme ist also das entscheidende Frühwarnsystem.

Antibiotika oder Schmerzmittel: Welche Pillen vertragen sich nicht mit Ihren Herztabletten?

Medikamenteninteraktionen sind eine der größten vermeidbaren Gefahren bei einer Behandlung. Das Risiko steigt mit der Anzahl der eingenommenen Tabletten. Besonders Patienten mit Herzerkrankungen, die oft dauerhaft auf Medikamente wie Betablocker, Blutverdünner oder ACE-Hemmer angewiesen sind, müssen aufpassen. Ein harmlos erscheinendes Schmerzmittel oder sogar ein pflanzliches Präparat kann die Wirkung der Herzmedikamente gefährlich verstärken oder abschwächen. Als Patient ist es unmöglich, alle Wechselwirkungen zu kennen. Umso wichtiger ist es, die vorhandenen Sicherheitsinstrumente konsequent zu nutzen und eine lückenlose Informationskette sicherzustellen.

Der wichtigste Baustein ist auch hier der bundeseinheitliche Medikationsplan. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) betont, dass der QR-Code auf diesem Plan es Apothekern ermöglicht, sofort alle potenziellen Wechselwirkungen zu erkennen. Nutzen Sie dieses Sicherheitsnetz, indem Sie den Plan bei jedem Arzt- und Apothekenbesuch vorlegen. Geben Sie außerdem immer alle Medikamente an, die Sie einnehmen – auch rezeptfreie Präparate, Nahrungsergänzungsmittel und pflanzliche Mittel wie Johanniskraut.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer Analyse der Apotheken Umschau, zeigt einige kritische Wechselwirkungen, die für Herzpatienten besonders relevant sind. Sie verdeutlicht, warum eine vollständige Übersicht über Ihre Medikation für die Ärzte und Apotheker so essenziell ist.

Gefährliche Wechselwirkungen mit Herzmedikamenten
Herzmedikament Gefährliche Kombination Mögliche Folgen
Betablocker Ibuprofen Blutdruckerhöhung
Marcumar Johanniskraut Wirkungsverlust
Digitalis Antibiotika (Makrolide) Herzrhythmusstörungen
ACE-Hemmer Kaliumtabletten Gefährliche Kaliumerhöhung
Statine Grapefruitsaft Muskelschäden

Das Wichtigste in Kürze

  • Sicherheitsroutinen wie das „Team-Time-Out“ sind ein Zeichen hoher Professionalität, nicht von Vergesslichkeit.
  • Eine hohe Meldezahl von „Beinahe-Fehlern“ (CIRS) spricht für eine exzellente Sicherheitskultur der Klinik.
  • Sie haben gesetzliche Ansprüche auf einen verständlichen Arztbrief, einen Medikationsplan und ein lückenloses Entlassmanagement.

Verstehen Sie Ihren Arztbrief? Übersetzen von „Mediziner-Latein“ in Deutsch

Der Arztbrief ist das zentrale Dokument, das Ihren Krankenhausaufenthalt zusammenfasst. Er ist die wichtigste Informationsquelle für Ihren weiterbehandelnden Hausarzt. Doch für Laien liest er sich oft wie ein Buch mit sieben Siegeln, voller Abkürzungen und Fachbegriffe. Ein „Z.n. Myokardinfarkt“ oder ein „V.a. Pneumonie“ lässt viele Patienten ratlos zurück. Dieses Unverständnis kann zu Verunsicherung führen und die aktive Teilnahme am eigenen Genesungsprozess behindern. Doch Sie müssen dieses „Mediziner-Latein“ nicht einfach hinnehmen. Sie haben ein Recht darauf, zu verstehen, was in Ihren Unterlagen steht.

Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung weist darauf hin, dass Patienten nach § 630g BGB einen gesetzlichen Anspruch auf Einsicht in ihre vollständige Patientenakte haben. Dieser Anspruch schließt auch das Recht auf verständliche Erklärungen ein. Scheuen Sie sich also nicht, im Entlassungsgespräch direkt nachzufragen, was bestimmte Begriffe oder Abkürzungen bedeuten. Ein guter Arzt wird sich die Zeit nehmen, Ihnen die wichtigsten Befunde und Diagnosen in einfachen Worten zu erläutern. Bitten Sie darum, den Brief gemeinsam durchzugehen.

Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, entschlüsselt die folgende Tabelle einige der häufigsten Abkürzungen, die Sie in einem Arztbrief finden könnten. Dieses Wissen gibt Ihnen ein erstes Werkzeug an die Hand, um Ihre eigenen medizinischen Dokumente besser zu deuten und gezielter nachfragen zu können.

Wichtigste Abkürzungen im Arztbrief entschlüsselt
Abkürzung Bedeutung Was heißt das für Sie?
Z.n. Zustand nach Sie hatten diese Erkrankung/OP bereits
V.a. Verdacht auf Noch nicht bestätigte Diagnose
o.p.B. ohne pathologischen Befund Alles in Ordnung
c.p. Cardiopulmonal Herz und Lunge betreffend
p.o. per os Medikament als Tablette einnehmen

Um diese Ratschläge in die Praxis umzusetzen, besteht der nächste logische Schritt darin, sich selbst als aktiven Sicherheitspartner zu verstehen und die bereitgestellten Checklisten für Ihren nächsten Klinikaufenthalt vorzubereiten.

Geschrieben von Renate Müller, Sozialarbeiterin im Gesundheitswesen (Case Management) und Expertin für Patientenrechte. Sie hilft Chronikern bei Anträgen, Kostenübernahmen und der Organisation der Pflege.