Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Statt auf allgemeine Gesundheitstipps zu hoffen, ist die präzise Berechnung Ihres persönlichen Risikos der einzig wirksame Weg, einen Schlaganfall zu verhindern.

  • Vorhofflimmern erhöht Ihr Risiko nicht pauschal, sondern um einen Faktor, der mit dem CHA₂DS₂-VASc-Score exakt quantifiziert werden muss.
  • Die Entscheidung für einen Blutverdünner (NOAK vs. Marcumar) ist keine Geschmackssache, sondern eine leitlinienbasierte Abwägung von Wirksamkeit und Sicherheit.

Empfehlung: Sprechen Sie dringend mit Ihrem Arzt über Ihren Score und prüfen Sie, ob Ihre aktuelle Therapie dem deutschen Behandlungsstandard entspricht.

Ein Schlaganfall kommt oft ohne Vorwarnung und verändert das Leben von einem Moment auf den anderen. Besonders für Menschen ab 60 Jahren in Deutschland ist diese Gefahr real und wird durch verbreitete Erkrankungen wie Vorhofflimmern oder Bluthochdruck dramatisch verstärkt. Viele vertrauen dabei auf allgemeine Ratschläge wie „gesund leben“ oder die Einnahme von ASS und wiegen sich in einer trügerischen Sicherheit. Doch die moderne Neurologie zeigt uns einen weitaus präziseren und wirksameren Weg.

Die landläufige Meinung, man könne sein Risiko nur schätzen, ist überholt. Tatsächlich ist das Schlaganfallrisiko eine berechenbare Größe. Der Schlüssel zur effektiven Prävention liegt nicht in vagen Vermutungen, sondern in der konsequenten Anwendung anerkannter medizinischer Bewertungs-Scores und der darauf aufbauenden, leitlinienkonformen Therapie. Es geht darum, das persönliche Risiko zu quantifizieren – ihm eine konkrete Zahl zuzuordnen – um dann eine gezielte, oft medikamentöse Schutzstrategie einzuleiten, die in Deutschland dem Goldstandard entspricht.

Dieser Artikel führt Sie aus der Zone der Unsicherheit heraus. Er agiert als Ihr neurologischer Lotse und zeigt Ihnen, wie Sie die abstrakte Gefahr in ein handhabbares Risiko verwandeln. Wir werden die Mechanismen hinter Vorhofflimmern beleuchten, Ihnen das entscheidende Werkzeug zur Risikoberechnung an die Hand geben und die Fakten hinter den verschiedenen Blutverdünnern aufzeigen. Ziel ist es, Sie zu befähigen, ein informiertes Gespräch mit Ihrem Arzt zu führen und die Kontrolle über Ihre Gesundheit aktiv zu übernehmen.

Um Ihnen eine klare Orientierung zu geben, haben wir diesen Ratgeber strukturiert. Jeder Abschnitt beantwortet eine zentrale Frage auf dem Weg zu Ihrer optimalen Schlaganfallprävention.

Warum erleiden Menschen mit Vorhofflimmern fünfmal häufiger einen Schlaganfall?

Die Diagnose Vorhofflimmern (VHF) ist für viele Patienten zunächst beunruhigend, doch die wahre Gefahr liegt oft im Verborgenen: dem massiv erhöhten Schlaganfallrisiko. Der Zusammenhang ist direkt und mechanisch. Normalerweise ziehen sich die Herzvorhöfe rhythmisch zusammen und pumpen das Blut koordiniert in die Herzkammern. Bei Vorhofflimmern hingegen „zittern“ oder flimmern die Vorhöfe nur noch unkontrolliert und schnell. Diese chaotische Bewegung hat zwei fatale Folgen: Die Pumpfunktion ist stark eingeschränkt und das Blut wird nicht mehr vollständig aus den Vorhöfen, insbesondere aus einer kleinen Ausbuchtung namens Herzohr, ausgeworfen.

Stellen Sie sich die Vorhöfe wie einen See mit einem trägen Abfluss vor. Wenn das Wasser (das Blut) nicht mehr richtig fließt, sondern an bestimmten Stellen stagniert, beginnt es zu verklumpen. Genau das passiert im Herzen: Das langsam fließende Blut neigt dazu, Blutgerinnsel (Thromben) zu bilden. Lösen sich Teile dieser Gerinnsel, werden sie mit dem Blutstrom aus dem Herzen herausgeschleudert, gelangen ins Gehirn und können dort eine Arterie verstopfen. Das dahinterliegende Hirngewebe wird nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und stirbt ab – ein ischämischer Schlaganfall tritt ein.

Die Dimension dieses Risikos ist alarmierend. Aktuelle Daten zeigen, dass rund 20 % aller ischämischen Schlaganfälle in Deutschland auf ein Vorhofflimmern zurückzuführen sind. Damit ist diese Herzrhythmusstörung eine der häufigsten Einzelursachen für Schlaganfälle, die oft besonders schwer verlaufen, da die Gerinnsel aus dem Herzen meist größer sind und somit größere Hirnarterien verschließen können. Die fünffach höhere Wahrscheinlichkeit ist also keine abstrakte Statistik, sondern die direkte Konsequenz dieser gefährlichen Gerinnselbildung im Herzen.

Wie Sie mit dem CHA₂DS₂-VASc-Score Ihr Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern berechnen

Nachdem wir verstanden haben, warum Vorhofflimmern so gefährlich ist, stellt sich die entscheidende Frage: Wie hoch ist mein persönliches Risiko? Die moderne Medizin verlässt sich hier nicht auf Schätzungen, sondern nutzt ein standardisiertes und international anerkanntes Werkzeug: den CHA₂DS₂-VASc-Score. Dieser Score ist das zentrale Instrument, um das individuelle, jährliche Schlaganfallrisiko eines Patienten mit Vorhofflimmern zu quantifizieren und die Notwendigkeit einer blutverdünnenden Therapie (Antikoagulation) festzulegen.

Die Berechnung ist ein einfaches Punktesystem, das Ihr Arzt mit Ihnen durchgeht. Jeder Risikofaktor, der auf Sie zutrifft, addiert einen oder zwei Punkte zu Ihrem Gesamtwert. Je höher der Score, desto höher das Risiko. Die einzelnen Buchstaben des Akronyms stehen für spezifische Risikofaktoren:

  • C (Congestive heart failure): Herzinsuffizienz (+1 Punkt)
  • H (Hypertension): Bluthochdruck (+1 Punkt)
  • A₂ (Age): Alter ≥75 Jahre (+2 Punkte) oder 65-74 Jahre (+1 Punkt)
  • D (Diabetes mellitus): Zuckerkrankheit (+1 Punkt)
  • S₂ (Stroke/TIA): Früherer Schlaganfall, TIA oder Thromboembolie (+2 Punkte)
  • V (Vascular disease): Bestehende Gefäßerkrankung wie KHK oder pAVK (+1 Punkt)
  • Sc (Sex category): Weibliches Geschlecht (+1 Punkt)

Die Aussagekraft dieses Scores ist immens. Ein Score von 0 bei Männern (oder 1 bei Frauen, da das Geschlecht allein noch keine Therapie indiziert) bedeutet ein sehr geringes Risiko. Mit jedem weiteren Punkt steigt die Gefahr jedoch exponentiell an. Eine große Metaanalyse zeigt, dass bei einem Score von 9 Punkten das jährliche Risiko auf bis zu 15,2 % ansteigt. Das bedeutet, dass von 100 Personen mit diesem Risikoprofil innerhalb eines Jahres statistisch gesehen mehr als 15 einen Schlaganfall erleiden, wenn sie nicht behandelt werden. Der Score ist somit die Grundlage für die wichtigste therapeutische Entscheidung: die Einleitung einer Antikoagulation.

ASS oder Antikoagulation: Welcher Blutverdünner schützt Sie besser vor Schlaganfall?

Sobald Ihr Schlaganfallrisiko mittels CHA₂DS₂-VASc-Score als erhöht eingestuft wurde, ist Handeln geboten. Eine der größten und gefährlichsten Fehleinschätzungen ist der Glaube, die Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS, z. B. in Aspirin®) würde einen ausreichenden Schutz bieten. ASS ist bei Vorhofflimmern zur Schlaganfallprävention nach aktuellen deutschen und europäischen Leitlinien nicht mehr empfohlen, da seine Wirksamkeit hierfür unzureichend ist und das Blutungsrisiko dem geringen Nutzen nicht entgegensteht. Der Goldstandard ist eine orale Antikoagulation, also die Einnahme „echter“ Blutverdünner.

Hier stehen in Deutschland im Wesentlichen zwei Gruppen von Medikamenten zur Verfügung: die klassischen Vitamin-K-Antagonisten (VKA), deren bekanntester Vertreter Marcumar® ist, und die neueren bzw. direkten oralen Antikoagulanzien (NOAK/DOAK) wie Apixaban, Rivaroxaban, Edoxaban und Dabigatran. Die Wahl zwischen diesen Gruppen ist eine zentrale ärztliche Entscheidung, die von individuellen Faktoren abhängt.

Nahaufnahme verschiedener Antikoagulanzien-Tabletten auf neutralem Hintergrund

Die Hauptunterschiede liegen in der Handhabung und im Sicherheitsprofil, wie eine vergleichende Analyse im Deutschen Ärzteblatt zeigt.

Vergleich von VKA (Marcumar) und NOAK in der Praxis
Medikament INR-Kontrolle Wechselwirkungen Blutungsrisiko
VKA (Marcumar) Regelmäßig erforderlich Viele (Nahrung, Medikamente) Intrakranielle Blutungen: höher
NOAK (Apixaban, Rivaroxaban) Nicht erforderlich Weniger Intrakranielle Blutungen: niedriger

Die Entscheidung für ein NOAK oder VKA ist immer eine Einzelfallentscheidung. Zwar zeigen Studien leichte Vorteile für NOAKs, wie das Deutsche Ärzteblatt zusammenfasst:

Eine geringe Reduktion der Gesamtmortalität zugunsten von NOAK im Vergleich mit VKA (absolute Reduktion von 7,7 % auf 6,9 %) bei nach Signifikanz gleicher Rate von Major-Blutungen

– Deutsches Ärzteblatt, Übersichtsartikel Orale Antikoagulation

Für die meisten Patienten ohne künstliche Herzklappen sind NOAKs heute aufgrund der einfacheren Handhabung und des geringeren Risikos für Hirnblutungen die bevorzugte Wahl. Die Entscheidung, welches Medikament das richtige für Sie ist, muss jedoch immer Ihr Arzt treffen.

Der tödliche Irrtum: Warum 40% der Vorhofflimmern-Patienten unzureichend geschützt sind

Die medizinischen Werkzeuge zur Risikobewertung und die wirksamen Medikamente zur Prävention sind vorhanden. Dennoch klafft in Deutschland eine gefährliche Lücke zwischen dem, was medizinisch notwendig wäre, und dem, was tatsächlich umgesetzt wird. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 40% der Patienten mit Vorhofflimmern und einer klaren Indikation zur Antikoagulation entweder gar nicht oder nur unzureichend behandelt werden – oft nur mit dem unwirksamen ASS. Dieses Phänomen wird als „therapeutische Lücke“ bezeichnet und ist eine tickende Zeitbombe.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Hauptproblem ist das unentdeckte Vorhofflimmern. Da die Rhythmusstörung anfallsartig auftreten kann und nicht immer Symptome wie Herzrasen oder Schwindel verursacht, bleibt sie oft lange unbemerkt. Ein Großteil der Gefahr geht von diesem stillen Flimmern aus. Die ESC-Leitlinien von 2020 heben hervor, dass jeder fünfte Schlaganfall durch unentdecktes Vorhofflimmern verursacht wird. Regelmäßige Puls-Selbstkontrolle und EKGs beim Hausarzt, besonders bei Risikopatienten, sind daher unerlässlich.

Ein weiterer Grund ist die unbegründete Angst vor Blutungen unter der Therapie, sowohl bei Ärzten als auch bei Patienten. Zwar erhöht jede Antikoagulation das Blutungsrisiko, doch bei korrekter Indikationsstellung überwiegt der Nutzen – die Verhinderung eines oft verheerenden Schlaganfalls – bei Weitem das Risiko. Schließlich führt auch die fälschliche Annahme, ASS böte Schutz, dazu, dass viele Patienten sich in Sicherheit wiegen, obwohl sie praktisch ungeschützt sind. Es ist ein fataler Irrtum, der jährlich tausende von Schlaganfällen verursacht, die vermeidbar gewesen wären.

Wann sollten Sie nach der Diagnose Vorhofflimmern mit Blutverdünnern beginnen?

Die Entscheidung, eine lebenslange Therapie mit Blutverdünnern zu beginnen, ist bedeutsam. Sie sollte jedoch nicht auf einem Bauchgefühl, sondern auf klaren, evidenzbasierten Kriterien beruhen. Die deutschen und europäischen kardiologischen Fachgesellschaften haben hierfür einen eindeutigen Entscheidungspfad definiert, der direkt an den CHA₂DS₂-VASc-Score gekoppelt ist. Der Score bestimmt nicht nur das Risiko, sondern gibt eine klare Handlungsempfehlung.

Der typische Behandlungspfad, den Ihr Arzt verfolgen wird, ist standardisiert. Nach der Diagnose Vorhofflimmern wird der Score berechnet, um das individuelle Risiko zu ermitteln. Dieser Wert ist die Grundlage für die Therapieentscheidung. Es geht darum, objektiv abzuwägen, ob das Risiko eines Schlaganfalls das Risiko einer Blutung unter Therapie übersteigt. Für die allermeisten Patienten mit Risikofaktoren ist diese Abwägung eindeutig.

Die offizielle Empfehlung ist unmissverständlich und wird von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) als sogenannte Klasse-1-Empfehlung (die stärkste Form der Empfehlung) ausgesprochen. Sie dient als Leitschnur für jeden behandelnden Arzt in Deutschland.

Bei nichtvalvulärem Vorhofflimmern wird eine Antikoagulation bei einem CHA2DS2-VASc Score ≥ 1 bei Männer und ≥ 2 bei Frauen empfohlen (Klasse-1-Empfehlung).

– Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Leitlinien zur oralen Antikoagulation

Konkret bedeutet das: Jeder Mann mit Vorhofflimmern und mindestens einem weiteren Risikofaktor (z.B. Bluthochdruck, was einen Score von 1 ergibt) sollte eine Antikoagulation erhalten. Für Frauen gilt dies bei einem Score von 2 oder mehr (da der Punkt für das weibliche Geschlecht allein noch keine Therapie rechtfertigt). Ein Zögern oder Abwarten ist an dieser Stelle nicht angebracht. Die Therapie sollte unmittelbar nach der Diagnosestellung und Risikobewertung begonnen werden, um den Patienten schnellstmöglich vor einem Schlaganfall zu schützen.

Wann sind Herzrhythmusstörungen lebensbedrohlich und erfordern sofortige Diagnostik?

Während Vorhofflimmern eine chronische Erkrankung mit einem langfristigen Risiko ist, können Herzrhythmusstörungen auch zu akuten, lebensbedrohlichen Notfällen führen. Jeder Betroffene und dessen Angehörige müssen in der Lage sein, harmlose Symptome wie gelegentliches Herzstolpern von echten Alarmsignalen zu unterscheiden, die ein sofortiges Handeln und den Notruf unter 112 erfordern. Zögern ist hier keine Option, denn Zeit ist in diesen Momenten entscheidend.

Die folgenden Symptome, insbesondere wenn sie plötzlich und in starker Ausprägung auftreten, deuten auf eine potenziell lebensbedrohliche Situation hin, die eine umgehende ärztliche Abklärung, oft durch den Rettungsdienst, notwendig macht. Es könnte sich um einen Herzinfarkt, eine Lungenembolie oder eine bösartige Rhythmusstörung handeln. Auch die ersten Anzeichen eines Schlaganfalls gehören zu diesen Notfällen.

Rettungssanitäter versorgen Patienten mit mobilem EKG-Gerät

Die professionelle und schnelle Reaktion des Rettungsdienstes, inklusive der sofortigen Erstellung eines EKGs, kann in solchen Momenten über Leben und Tod entscheiden. Prägen Sie sich die folgenden Warnzeichen gut ein.

Checkliste: Alarmsignale für den Notruf 112 in Deutschland

  1. Plötzliche starke Brustschmerzen: Insbesondere mit Ausstrahlung in Arme, Schulter, Rücken oder Kiefer.
  2. Akute Luftnot: Plötzliches Gefühl, keine Luft zu bekommen, in Ruhe oder bei geringster Anstrengung.
  3. Schwindel mit drohender Ohnmacht: Starker Schwindel, Schwarzwerden vor Augen oder kurzer Bewusstseinsverlust (Synkope).
  4. Neurologische Ausfälle: Plötzlich aufgetretene Sprachstörungen, Sehstörungen oder eine halbseitige Lähmung/Taubheit.
  5. Anhaltendes Herzrasen: Ein Puls von über 150 Schlägen pro Minute in Ruhe, begleitet von starkem Unwohlsein.
  6. Bewusstseinsverlust: Jede Form von Ohnmacht, die im Zusammenhang mit Herzstolpern oder -rasen auftritt.

Diese Symptome sind absolute Notfallsignale. Versuchen Sie nicht, selbst in eine Notaufnahme zu fahren. Rufen Sie sofort den Rettungsdienst, damit die Diagnostik und Therapie so schnell wie möglich beginnen können.

Wann sind entzündungshemmende Medikamente zur Herzinfarktprävention sinnvoll?

In der Kardiologie wird zunehmend die Rolle von Entzündungsprozessen bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie dem Herzinfarkt diskutiert. Dies hat zur Forschung an entzündungshemmenden Medikamenten als zusätzliche Präventionsstrategie geführt. Wichtig ist hier die Abgrenzung: Diese Ansätze zielen primär auf die Prävention von Herzinfarkten durch Stabilisierung von Gefäßablagerungen (Plaques) und nicht direkt auf die Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern durch Blutgerinnung.

Ein viel diskutierter Wirkstoff ist Colchicin, ein altes Gichtmedikament. Aktuelle Metaanalysen zeigen, dass niedrig dosiertes Colchicin das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um 23 % senken kann, wenn es zusätzlich zur Standardtherapie nach einem Herzinfarkt gegeben wird. Es handelt sich hierbei jedoch um eine spezifische Sekundärprävention für Hochrisikopatienten, die nur unter strenger ärztlicher Kontrolle erfolgen darf und nicht zur allgemeinen Vorbeugung dient.

Viel wichtiger für den Alltag ist jedoch die Warnung vor der unkontrollierten Einnahme anderer Entzündungshemmer. Viele Patienten greifen bei Schmerzen zu rezeptfreien nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Diese können jedoch den Blutdruck erhöhen, die Wirkung von Blutdruckmedikamenten abschwächen und bei vorbelasteten Patienten das kardiovaskuläre Risiko sogar steigern. Bei gleichzeitiger Einnahme von Blutverdünnern erhöht sich zudem das Risiko für Magen-Darm-Blutungen erheblich.

Die dauerhafte Einnahme von Ibuprofen oder Diclofenac ohne ärztliche Kontrolle kann das kardiovaskuläre Risiko erhöhen, insbesondere bei Patienten mit Vorerkrankungen. Eine Rücksprache mit dem Hausarzt ist essentiell.

Die Botschaft ist klar: Experimentieren Sie niemals auf eigene Faust mit entzündungshemmenden Medikamenten zur Herzprävention. Die Einnahme von NSAR sollte, gerade wenn Sie bereits Herz-Kreislauf-Medikamente einnehmen, immer mit Ihrem Arzt abgesprochen werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ihr Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern ist keine Schätzung, sondern kann mit dem CHA₂DS₂-VASc-Score exakt berechnet werden.
  • Eine leitlinienkonforme Antikoagulation (Blutverdünnung) ist der wirksamste Schutz – ASS ist hierfür unzureichend.
  • Sprechen Sie aktiv mit Ihrem Arzt über Ihren Score und stellen Sie sicher, dass Ihre Therapie dem deutschen Goldstandard entspricht.

Bluthochdruck natürlich senken: Welche Methoden in Deutschland wissenschaftlich belegt sind

Neben dem Vorhofflimmern ist der Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) der größte einzelne Risikofaktor für einen Schlaganfall. Er wird oft als „stiller Killer“ bezeichnet, da er über Jahre keine Symptome verursachen, aber die Gefäße nachhaltig schädigen kann. Die Senkung eines erhöhten Blutdrucks ist daher ein zentraler Baustein jeder Präventionsstrategie. Während Medikamente oft unerlässlich sind, gibt es auch wissenschaftlich belegte nicht-medikamentöse Methoden, die einen signifikanten Beitrag leisten können.

Die Basis bilden Lebensstiländerungen, deren Wirksamkeit in Studien nachgewiesen wurde: eine salzarme, gemüsereiche Ernährung (DASH-Diät), regelmäßige Ausdauerbewegung, Gewichtsreduktion und der Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum und Nikotin. Diese Maßnahmen sind keine bloßen Empfehlungen, sondern haben einen messbaren blutdrucksenkenden Effekt. Doch die moderne Medizin in Deutschland geht noch einen Schritt weiter.

Ein innovativer und wissenschaftlich evaluierter Ansatz sind die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), die von Ärzten auf Rezept verschrieben werden können. Diese „Apps auf Rezept“ bieten strukturierte Programme zur Verhaltensänderung und zum Selbstmanagement bei Bluthochdruck.

Fallbeispiel: Wirksamkeit der DiGA „actensio“

Die in Deutschland zugelassene Digitale Gesundheitsanwendung „actensio“ wurde speziell für Hypertonie-Patienten entwickelt. In einer klinischen Studie konnte nachgewiesen werden, dass durch die Nutzung der App der systolische Blutdruck bei den Teilnehmern über einen Zeitraum von drei Monaten um durchschnittlich 5 mmHg gesenkt werden konnte im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die nur eine Standardversorgung erhielt. Dies zeigt, dass strukturierte, digitale Unterstützung eine wirksame Ergänzung zur herkömmlichen Therapie darstellt.

Die Kombination aus bewährten Lebensstiländerungen und innovativen, evidenzbasierten digitalen Helfern bietet eine starke Möglichkeit, den Blutdruck aktiv zu managen. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welche dieser Methoden für Sie infrage kommen, um Ihre medikamentöse Therapie optimal zu unterstützen und Ihr Schlaganfallrisiko weiter zu reduzieren.

Nutzen Sie dieses Wissen und besprechen Sie Ihre persönliche Schlaganfall-Prävention proaktiv mit Ihrem Arzt. Ein aufgeklärtes Gespräch heute ist die beste Investition in Ihre Gesundheit und kann Ihr Leben morgen retten. Übernehmen Sie die Kontrolle.

Häufige Fragen zur Schlaganfall-Prävention bei Vorhofflimmern

Ist mein aktueller Schutz leitliniengerecht nach DGK-Standards?

Dies ist die entscheidende Frage für Ihr Arztgespräch. Ihr Arzt sollte Ihre Therapie anhand Ihres aktuellen CHA₂DS₂-VASc-Scores und der gültigen Leitlinien der Europäischen und Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (ESC/DGK) bewerten. Bestehen Sie auf eine klare Einschätzung, ob Ihr Schutz ausreichend ist.

Welche NOAK-Alternative zu Marcumar kommt für mich infrage?

In Deutschland sind die vier NOAKs Apixaban, Rivaroxaban, Dabigatran und Edoxaban zugelassen. Welches davon für Sie am besten geeignet ist, hängt von Faktoren wie Ihrer Nierenfunktion, weiteren Medikamenten und Ihrem individuellen Blutungsrisiko ab. Es ist eine ärztliche Entscheidung, die individuell abgewogen werden muss.

Wie wird mein Blutungsrisiko nach HAS-BLED bewertet?

Parallel zum CHA₂DS₂-VASc-Score zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos nutzt Ihr Arzt oft den HAS-BLED-Score, um Ihr Blutungsrisiko unter einer Antikoagulation zu bewerten. Dieser Score berücksichtigt Faktoren wie unkontrollierten Bluthochdruck, Nieren- oder Leberfunktion, frühere Blutungen, Alter und die Einnahme bestimmter anderer Medikamente. Er hilft dabei, modifizierbare Risikofaktoren für Blutungen zu identifizieren und zu behandeln.

Geschrieben von Thomas Schneider, Dr. med. Thomas Schneider ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie mit Zusatzbezeichnung interventionelle Kardiologie. Seit 18 Jahren arbeitet er als Oberarzt in der kardiologischen Abteilung eines Herzzentrums mit über 400 Betten und führt jährlich mehr als 600 Herzkatheter-Untersuchungen durch.