
Bei komplexen Herzerkrankungen ist der isolierte Kardiologe ein Auslaufmodell; der wahre Behandlungserfolg liegt in der koordinierten Teamarbeit aller beteiligten Fachkräfte.
- Strukturierte Programme (DMPs) und eine klare Koordination, oft durch den Hausarzt, bilden das Rückgrat einer modernen Herz-Versorgung in Deutschland.
- Fehlende Kommunikation zwischen den Behandlern führt zu vermeidbaren Risiken, während Sie als Patient durch aktive Beteiligung die Qualität Ihrer Therapie entscheidend verbessern können.
Empfehlung: Fordern Sie aktiv die Vernetzung Ihrer Behandler ein und nutzen Sie Werkzeuge wie die ePA und einen Medikationsplan, um zum Dirigenten Ihrer eigenen Gesundheit zu werden.
Wenn bei Ihnen eine komplexe Herzerkrankung wie Herzinsuffizienz diagnostiziert wird, ist der erste Gedanke oft: „Ich brauche den besten Kardiologen.“ Das ist verständlich und wichtig. Doch in unserer täglichen Praxis in der kardiologischen Versorgung sehen wir, dass selbst der beste Spezialist allein an Grenzen stößt. Eine chronische Herzerkrankung betrifft selten nur das Herz. Sie beeinflusst die Nieren, den Stoffwechsel, die psychische Verfassung und die gesamte Lebensqualität. Die Behandlung gleicht daher weniger einem Solo-Auftritt als vielmehr einem präzise choreographierten Orchesterstück, bei dem jeder Musiker – vom Hausarzt über die spezialisierte Pflegekraft bis zum Physiotherapeuten – seinen Part perfekt beherrschen und im Einklang mit den anderen spielen muss.
Viele Ratgeber betonen die Wichtigkeit der Arzt-Patienten-Kommunikation, bleiben aber an der Oberfläche. Sie erklären selten die unsichtbaren, aber entscheidenden Mechanismen der Zusammenarbeit im Hintergrund. Was passiert, wenn diese Mechanismen versagen? Und vor allem: Wie können Sie als Patient vom bloßen Zuhörer zum aktiven Dirigenten dieses Behandlungs-Orchesters werden? Genau hier setzen wir an. Dieser Artikel beleuchtet nicht nur, warum Teamarbeit bei Herzerkrankungen kein „Nice-to-have“, sondern eine absolute Notwendigkeit ist. Er gibt Ihnen auch konkrete Werkzeuge an die Hand, um die Fäden Ihrer Behandlung selbst in die Hand zu nehmen und die Kommunikation zwischen Ihren Behandlern gezielt zu fördern.
In den folgenden Abschnitten werden wir die einzelnen Rollen in Ihrem Behandlungsteam beleuchten, die entscheidende Funktion von strukturierten Programmen erklären und Ihnen zeigen, wie Sie gefährliche Kommunikationslücken aktiv schließen können. Unser Ziel ist es, Sie zu einem mündigen Partner auf Augenhöhe zu machen.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Wegweiser zur optimalen Herz-Teamarbeit
- Warum reicht ein guter Kardiologe allein bei Herzinsuffizienz nicht aus?
- Wie Sie als Herzpatient von DMP-Programmen profitieren
- Hausarzt oder Kardiologe: Wer sollte Ihre Herzbehandlung koordinieren?
- Der gefährliche Fehler: Wenn Ihre Ärzte nicht miteinander sprechen
- Wie Sie als Patient die Kommunikation zwischen Ihren Ärzten verbessern
- Warum ist Reha nach Herzinfarkt wichtiger als jedes Medikament?
- Wie Herzinsuffizienz-Schulungen Sie zum Experten Ihrer eigenen Erkrankung machen
- Mehr als ein krankes Herz: Warum gute Kardiologen den ganzen Menschen sehen
Warum reicht ein guter Kardiologe allein bei Herzinsuffizienz nicht aus?
Die Vorstellung, dass ein einzelner Koryphäe alle Probleme lösen kann, ist bei einer systemischen Erkrankung wie der Herzinsuffizienz überholt. Die schiere Zahl der Betroffenen in Deutschland unterstreicht die Dimension der Herausforderung. Der Deutsche Herzbericht 2024 zeigt, dass es im Jahr 2022 fast eine halbe Million vollstationärer Fälle allein wegen Herzinsuffizienz gab. Diese Patienten bringen oft eine Reihe von Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) mit, wie Diabetes, chronische Nierenschwäche oder eine Lungenkrankheit (COPD). Jede dieser Erkrankungen erfordert eigenes Fachwissen und beeinflusst die Herztherapie direkt.
Ein Medikament, das dem Herzen hilft, kann die Nieren belasten. Eine Anpassung der blutzuckersenkenden Mittel kann Wechselwirkungen mit Herzmedikamenten haben. Hier wird die Komplexität offensichtlich: Der Kardiologe ist der Experte für die „Pumpe“, aber er benötigt zwingend den Input des Diabetologen, des Nephrologen und vor allem des Hausarztes, der den Gesamtüberblick behält. Eine isolierte Behandlung des Herzens ignoriert die Realität des Körpers als vernetztes System. Die Konsequenz sind oft wiederholte Krankenhausaufenthalte, eine sinkende Lebensqualität und eine suboptimale Therapie.
Führende Herzzentren haben dies längst erkannt. Die Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim etwa setzt auf ein interdisziplinäres Device-Team, in dem Kardiologen, Herzchirurgen und spezialisierte Pflegekräfte in strukturierten Fallbesprechungen gemeinsam über die beste Therapie für den einzelnen Patienten entscheiden. Dieses Modell ist kein Luxus, sondern die logische Antwort auf die Komplexität moderner Herzerkrankungen. Es stellt sicher, dass alle Aspekte der Gesundheit eines Patienten berücksichtigt werden, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Wie Sie als Herzpatient von DMP-Programmen profitieren
Angesichts der Notwendigkeit einer koordinierten Versorgung hat das deutsche Gesundheitssystem eine strukturierte Lösung geschaffen: die Disease-Management-Programme (DMP). Für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ist das „DMP Chronische Herzinsuffizienz“ ein entscheidender Baustein für eine bessere und sicherere Behandlung. Dabei handelt es sich nicht um eine zusätzliche Versicherung, sondern um ein von den gesetzlichen Krankenkassen angebotenes Betreuungsprogramm, in das Sie sich bei Ihrem Hausarzt oder Kardiologen einschreiben können.
Der Kerngedanke eines DMP ist die systematische und planvolle Steuerung Ihrer Behandlung. Statt zufälliger Arztbesuche folgen Sie einem koordinierten Pfad mit regelmäßigen Terminen, festgelegten Untersuchungen und klaren Therapiezielen. Ihr Arzt dokumentiert alle Befunde und Maßnahmen lückenlos, was die Abstimmung zwischen verschiedenen Behandlern enorm erleichtert. Sie erhalten zudem Zugang zu speziellen Patientenschulungen, die Ihnen helfen, Ihre Erkrankung besser zu verstehen und im Alltag zu managen. Das Ziel ist es, Sie zu einem aktiven Partner im Behandlungsprozess zu machen.
Die Teilnahme an einem DMP bietet Ihnen konkrete Vorteile: eine bessere Medikamenteneinstellung, die frühzeitige Erkennung von Verschlechterungen und nachweislich weniger Krankenhausaufenthalte. Es schafft eine Verbindlichkeit und Struktur, die im hektischen Praxisalltag sonst leicht verloren geht. Die folgende Darstellung symbolisiert diesen geführten und sicheren Weg, den Sie im Rahmen eines DMP beschreiten.

Wie Sie auf dem Bild sehen, ist der Weg durch das Programm klar vorgezeichnet. Jeder Meilenstein, sei es eine Blutdruckkontrolle, eine Medikamentenanpassung oder eine Schulung, ist ein geplanter Schritt auf dem Weg zu mehr Stabilität und Lebensqualität. Fragen Sie Ihren Arzt gezielt nach der Möglichkeit, sich in das DMP für chronische Herzinsuffizienz einzuschreiben – es ist Ihr Recht und ein wichtiger Schritt zur Optimierung Ihrer Versorgung.
Hausarzt oder Kardiologe: Wer sollte Ihre Herzbehandlung koordinieren?
Wenn mehrere Fachärzte und Therapeuten an Ihrer Behandlung beteiligt sind, entsteht eine entscheidende Frage: Wer hält die Fäden in der Hand? Wer ist die zentrale Informations-Drehscheibe, die alle Befunde sammelt und die Gesamtstrategie überwacht? In der Praxis sind dies meist der Hausarzt oder der Kardiologe. Beide Modelle haben Vor- und Nachteile, und die beste Wahl hängt von Ihrer individuellen Situation, Ihrer Erkrankung und der Versorgungsstruktur in Ihrer Region ab.
Der Hausarzt kennt Sie und Ihre gesamte Krankengeschichte oft seit Jahren. Er hat den Blick für das „Ganze“ und ist meist die erste Anlaufstelle bei neuen Beschwerden. Besonders bei Patienten mit mehreren Begleiterkrankungen kann er die verschiedenen Fachempfehlungen bündeln und auf Wechselwirkungen prüfen. Der Kardiologe hingegen besitzt das tiefste Spezialwissen über Ihre Herzerkrankung und ist mit den neuesten Therapieoptionen vertraut. Bei einer instabilen Herzinsuffizienz oder nach einem komplexen Eingriff kann seine enge Führung entscheidend sein.
Die folgende Tabelle stellt die typischen Stärken beider Rollen gegenüber, um Ihnen eine Orientierung zu geben.
| Kriterium | Hausarzt als Koordinator | Kardiologe als Koordinator |
|---|---|---|
| Erreichbarkeit | Meist kurzfristige Termine möglich | Längere Wartezeiten üblich |
| Ganzheitliche Betreuung | Kennt gesamte Krankengeschichte | Fokus auf Herzerkrankung |
| Spezialkenntnisse | Breites Grundwissen | Tiefes Fachwissen Herz |
| Vernetzung | Gute lokale Vernetzung | Zugang zu Spezialkliniken |
| DMP-Einschreibung | Direkt möglich | Direkt möglich |
In Deutschland stärkt das Gesundheitssystem zunehmend die Rolle des Hausarztes als zentralen Lotsen. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung etablierter Versorgungsmodelle:
Das Hausarztzentrierte Versorgungsmodell nach § 73b SGB V hat sich besonders in ländlichen Regionen bewährt, wo der Facharztzugang erschwert ist.
– Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin, Positionspapier zur Herzinsuffizienzversorgung
Unabhängig davon, wer die Koordination übernimmt, ist eines entscheidend: Die Rolle muss klar definiert und allen Beteiligten – einschließlich Ihnen – bekannt sein. Sprechen Sie offen mit Ihren Ärzten darüber, wer Ihr Hauptansprechpartner ist und wie der Informationsfluss zwischen den Praxen sichergestellt wird.
Der gefährliche Fehler: Wenn Ihre Ärzte nicht miteinander sprechen
Die beste fachliche Expertise nützt wenig, wenn Informationen nicht fließen. Kommunikationsbrüche zwischen den Behandlern sind keine Seltenheit und können für Patienten mit komplexen Herzerkrankungen schwerwiegende Folgen haben. Ein fehlender Arztbrief, ein nicht übermittelter Laborwert oder eine unklare Medikamentenänderung können im schlimmsten Fall zu falschen Behandlungsentscheidungen, gefährlichen Wechselwirkungen oder unnötigen Doppeluntersuchungen führen. Diese Lücken im System sind nicht nur frustrierend, sondern ein echtes Sicherheitsrisiko.
Stellen Sie sich vor, der Kardiologe passt die Dosierung Ihrer Entwässerungstabletten (Diuretika) an, aber Ihr Hausarzt erfährt davon nichts und verordnet bei der nächsten Konsultation weiterhin die alte Dosis. Solche Szenarien sind leider keine Seltenheit. Sie führen nicht nur zu individuellen Risiken, sondern verursachen auch immense Kosten für das gesamte Gesundheitssystem, beispielsweise durch vermeidbare Krankenhausaufenthalte oder redundante Diagnostik. Schätzungen zufolge belaufen sich die Kosten durch Doppeluntersuchungen im deutschen Gesundheitssystem auf mehrere Milliarden Euro jährlich.
Fallbeispiel aus der Praxis: Die Gefahr von Informationssilos
Ein 72-jähriger Patient erlitt eine gefährliche Überdosierung von Diuretika, weil der Hausarzt nicht über die vom Kardiologen neu angepasste Medikation informiert war. Die Nierenwerte des Patienten verschlechterten sich dramatisch und machten eine Notfalleinweisung ins Krankenhaus erforderlich. Erst die konsequente Einführung einer gemeinsamen elektronischen Patientenakte (ePA) in der versorgenden Klinik verhinderte zukünftig solche Fälle. Automatische Benachrichtigungen bei Medikamentenänderungen schlossen die gefährliche Informationslücke zwischen den Sektoren.
Dieses Beispiel aus der Chest Pain Unit der Uniklinik Freiburg zeigt eindrücklich, wie entscheidend ein nahtloser Informationsfluss ist. Moderne digitale Werkzeuge wie die elektronische Patientenakte (ePA) sind ein wichtiger Schritt, um diese gefährlichen Silos aufzubrechen. Doch die Technik allein reicht nicht aus – es braucht auch die Bereitschaft aller Beteiligten zur aktiven Kommunikation und einen Patienten, der seine zentrale Rolle im Informationsmanagement versteht und wahrnimmt.
Wie Sie als Patient die Kommunikation zwischen Ihren Ärzten verbessern
Sie sind nicht nur passiver Empfänger von medizinischen Leistungen, sondern der zentrale Akteur in Ihrem Behandlungs-Orchester. Sie sind die einzige Person, die bei jedem Arzttermin, jeder Untersuchung und jeder Therapieentscheidung anwesend ist. Diese einzigartige Position gibt Ihnen die Macht und auch die Verantwortung, als Dirigent Ihrer Gesundheit zu agieren und die Kommunikation zwischen Ihren Behandlern aktiv zu fördern. Warten Sie nicht darauf, dass Informationen von allein fließen – werden Sie selbst zur wichtigsten Schnittstelle.
Das beginnt mit einer guten Organisation. Anstatt sich nur auf Ihr Gedächtnis zu verlassen, sollten Sie alle relevanten Gesundheitsdaten systematisch sammeln und bei jedem Arztbesuch griffbereit haben. Ein aktueller, bundeseinheitlicher Medikationsplan, Kopien der letzten wichtigen Arztbriefe und ein einfaches Symptom-Tagebuch sind unschätzbar wertvolle Werkzeuge. Sie ermöglichen jedem neuen Arzt, sich innerhalb von Minuten einen präzisen Überblick zu verschaffen. Indem Sie Ihre Unterlagen selbst verwalten, überbrücken Sie aktiv die Zeit, bis offizielle Arztbriefe per Post oder Fax eintreffen.
Die Art und Weise, wie Sie kommunizieren, spielt ebenfalls eine große Rolle. Scheuen Sie sich nicht, direkte Fragen zu stellen: „Haben Sie den letzten Befund von Dr. Müller erhalten?“, „Könnten Sie Ihren Bericht bitte direkt an meine Hausärztin schicken?“. Diese proaktive Haltung signalisiert, dass Ihnen die Koordination wichtig ist und motiviert die Praxisteams, den Informationsaustausch sicherzustellen. Die folgende Darstellung zeigt, wie eine gute Organisation Ihrer Unterlagen die Basis für eine klare und effektive Kommunikation schafft.

Die Digitalisierung bietet Ihnen mit der elektronischen Patientenakte (ePA) ein mächtiges Werkzeug. Wenn Sie die ePA nutzen und Ihren Behandlern den Zugriff erlauben, schaffen Sie eine gemeinsame, stets aktuelle Datenbasis, die Kommunikationsfehler minimiert. Der folgende Aktionsplan fasst die wichtigsten Schritte zusammen, mit denen Sie die Vernetzung Ihrer Ärzte aktiv steuern können.
Ihr Aktionsplan: 5 Schritte für eine lückenlose Arztkommunikation
- Erstellen Sie einen persönlichen Notfallpass mit allen wichtigen Diagnosen, Allergien und Ihrem aktuellen, bundeseinheitlichen Medikationsplan.
- Bitten Sie bei jedem wichtigen Arztbesuch oder nach einem Krankenhausaufenthalt proaktiv um eine Kopie des Arztbriefs für Ihre persönlichen Unterlagen.
- Fragen Sie am Ende eines Termins konkret nach: „Könnten Sie den Befund bitte direkt an meinen Hausarzt/Kardiologen senden, um die Koordination zu sichern?“
- Nutzen Sie die elektronische Patientenakte (ePA), sobald Ihre Krankenkasse sie anbietet, und geben Sie allen behandelnden Ärzten den notwendigen Zugriff darauf.
- Führen Sie ein einfaches Symptom-Tagebuch, in dem Sie täglich Gewicht, Blutdruck und besondere Vorkommnisse (z.B. Atemnot, Schwindel) notieren und es bei jedem Arztbesuch vorzeigen.
Warum ist Reha nach Herzinfarkt wichtiger als jedes Medikament?
Die Akutbehandlung im Krankenhaus nach einem Herzinfarkt oder bei einer akuten Verschlechterung der Herzinsuffizienz ist nur der erste Schritt. Die wirklich nachhaltige Verbesserung von Prognose und Lebensqualität findet danach statt – in der kardiologischen Rehabilitation. Doch genau hier klafft in Deutschland eine dramatische Versorgungslücke. Der aktuelle Deutsche Herzbericht zeigt, dass bei 446.814 vollstationären Herzinsuffizienz-Fällen nur 8.349 spezifische Reha-Maßnahmen durchgeführt wurden. Das bedeutet, dass die große Mehrheit der Patienten auf einen der wichtigsten Bausteine ihrer Genesung verzichtet.
Eine Reha ist weit mehr als nur „ein bisschen Gymnastik“. Sie ist ein intensives, interdisziplinäres Trainingsprogramm für Körper und Geist. Unter ärztlicher Aufsicht lernen Sie, Ihre körperliche Belastbarkeit sicher zu steigern. Physiotherapeuten zeigen Ihnen herzschonende Bewegungsabläufe, Ernährungsexperten helfen bei der Umstellung der Kost, und Psychologen unterstützen bei der Verarbeitung von Ängsten und der Entwicklung neuer Lebensperspektiven. Dieses Zusammenspiel verschiedener Professionen ist es, was die Reha so wirkungsvoll macht – es ist Teamarbeit in ihrer besten Form.
Die positive Wirkung ist wissenschaftlich eindeutig belegt. Eine erfolgreich absolvierte Reha senkt das Risiko für einen erneuten Herzinfarkt, reduziert Krankenhausaufenthalte und verbessert die Lebenserwartung signifikant. Experten sind sich daher einig über den Stellenwert dieser Maßnahme:
Die kardiologische Rehabilitation verbessert die Lebenserwartung und Lebensqualität nachhaltiger als die alleinige Medikamenteneinnahme.
– Prof. Eike Langheim, Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation
Die Kosten für eine kardiologische Reha, sei es stationär oder ambulant, werden in der Regel von der Rentenversicherung oder der Krankenkasse übernommen, wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht. Sprechen Sie unmittelbar nach einem Krankenhausaufenthalt den Sozialdienst der Klinik oder Ihren behandelnden Arzt auf die Beantragung einer Anschlussheilbehandlung (AHB) an. Verzichten Sie nicht auf dieses mächtige Instrument für Ihre langfristige Gesundheit.
Wie Herzinsuffizienz-Schulungen Sie zum Experten Ihrer eigenen Erkrankung machen
Wissen ist Macht – das gilt nirgendwo mehr als im Umgang mit einer chronischen Krankheit. Spezialisierte Herzinsuffizienz-Schulungen sind ein zentrales Element moderner Versorgungskonzepte und zielen darauf ab, Sie vom passiv Betroffenen zum kompetenten Manager Ihrer eigenen Gesundheit zu machen. In diesen Kursen, die oft von spezialisierten Pflegekräften (sogenannten Heart Failure Nurses) geleitet werden, lernen Sie die entscheidenden Warnsignale Ihres Körpers zu deuten und richtig zu reagieren.
Was bedeutet eine schnelle Gewichtszunahme von mehr als zwei Kilogramm in drei Tagen? Wie erkenne ich Wassereinlagerungen in den Beinen? Was ist bei Atemnot zu tun? Eine Schulung gibt Ihnen klare Antworten und Handlungsanweisungen für diese Situationen. Sie lernen, wie Ihre Medikamente wirken, worauf Sie bei der Ernährung achten müssen und wie Sie Ihren Lebensstil anpassen können, ohne an Lebensfreude zu verlieren. Dieses Wissen gibt Ihnen Sicherheit und hilft, unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, weil Sie frühzeitig gegensteuern können.
Die Wirksamkeit dieses Ansatzes ist eindrucksvoll belegt. Ein wegweisendes Beispiel ist das Programm für spezialisierte Herzinsuffizienz-Pflegekräfte am Universitätsklinikum Würzburg. Eine Studie dort zeigte, dass bereits eine sechsmonatige, intensive Nachbetreuung durch diese Experten zu einem deutlichen Überlebensvorteil der Patienten im Vergleich zur Standardversorgung führt. Die Pflegekräfte übernehmen hier eine entscheidende Rolle im Behandlungs-Orchester: Sie sind das Bindeglied zwischen Arzt und Patient, übersetzen medizinisches Fachwissen in den Alltag und sind oft die ersten Ansprechpartner bei Problemen.
Solche Schulungen sind häufig Teil der bereits erwähnten DMP-Programme oder werden von Herzzentren und kardiologischen Praxen angeboten. Fragen Sie aktiv danach! Die Investition von ein paar Stunden in Ihre Gesundheitskompetenz zahlt sich um ein Vielfaches aus. Sie gewinnen nicht nur Kontrolle und Sicherheit, sondern werden zu einem unverzichtbaren, informierten Partner für Ihr gesamtes Behandlungsteam.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei komplexen Herzerkrankungen ist ein interdisziplinäres Team aus Kardiologe, Hausarzt, Pflege und Therapeuten unerlässlich.
- Strukturierte Programme wie DMPs und eine klare Koordination sichern die Behandlungsqualität und vermeiden Fehler.
- Als Patient sind Sie der Dirigent: Durch aktive Organisation (ePA, Medikationsplan) und gezielte Kommunikation steuern Sie den Informationsfluss.
Mehr als ein krankes Herz: Warum gute Kardiologen den ganzen Menschen sehen
Eine moderne kardiologische Behandlung endet nicht bei der Verschreibung von Herzmedikamenten und der Überwachung des EKGs. Ein krankes Herz beeinflusst den gesamten Menschen – seine Psyche, seinen Schlaf, seine sozialen Aktivitäten. Ein exzellentes Behandlungsteam erkennt diese Zusammenhänge und verfolgt einen ganzheitlichen (holistischen) Ansatz. Die seelische Verfassung eines Patienten ist dabei kein Nebenschauplatz, sondern ein entscheidender Faktor für den Therapieerfolg.
Die Diagnose einer schweren Herzerkrankung ist ein einschneidendes Lebensereignis, das oft mit Ängsten vor der Zukunft, Sorgen um die Familie oder dem Gefühl des Kontrollverlusts einhergeht. Diese psychische Belastung kann sich zu einer manifesten Depression oder Angststörung entwickeln, was die Situation weiter verschärft. Wie Prof. Dr. Samuel Sossalla von der Kerckhoff-Klinik betont, ist dies ein weit verbreitetes Problem:
Bis zu 40 % der Herzinsuffizienz-Patienten entwickeln Angststörungen oder Depressionen, die den Therapieerfolg massiv beeinflussen.
– Prof. Dr. Samuel Sossalla, Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim
Eine unbehandelte Depression kann dazu führen, dass Patienten ihre Medikamente unregelmäßig einnehmen, Arzttermine versäumen oder sich sozial zurückziehen. Daher gehören Psychologen und Psychotherapeuten fest zum erweiterten „Behandlungs-Orchester“. Ihr guter Kardiologe oder Hausarzt sollte sensibel für Anzeichen einer psychischen Belastung sein und Ihnen bei Bedarf den Kontakt zu einem Spezialisten vermitteln. Auch hier ist Ihre Offenheit entscheidend: Sprechen Sie an, wenn Sie sich niedergeschlagen oder überfordert fühlen.
Zertifizierte Heart-Failure-Units (HFU) in deutschen Kliniken setzen diesen ganzheitlichen Ansatz vorbildlich um. Dort wird nicht nur das Herz behandelt. Es werden systematisch Screenings auf Schlafapnoe durchgeführt, psychosoziale Beratung angeboten und die häusliche Versorgungssituation evaluiert. Diese sektorenübergreifende Betreuung, die weit über die Kardiologie hinausgeht, zeigt messbare Erfolge bei der Reduktion von Wiederaufnahmen ins Krankenhaus und der Verbesserung der Lebensqualität. Sie beweist: Der größte Erfolg wird erzielt, wenn nicht nur ein Organ, sondern der ganze Mensch im Mittelpunkt steht.
Sprechen Sie Ihren Hausarzt oder Kardiologen beim nächsten Termin gezielt auf die Koordination in Ihrem Behandlungsteam an. Fordern Sie einen aktuellen, bundeseinheitlichen Medikationsplan und fragen Sie nach den Möglichkeiten eines DMP. Werden Sie vom passiven Patienten zum aktiven Partner Ihrer Gesundheit – Ihr Herz wird es Ihnen danken.