
Entgegen der landläufigen Meinung ist der „Check-up 35“ kein vollumfänglicher Schutzschild für Ihre Herzgesundheit; er ist ein grobes Raster, das die subtilen, aber entscheidenden Vorboten von Kreislauferkrankungen systematisch übersieht.
- Chronischer Alltagsstress verursacht unbemerkte Gefäßschäden, lange bevor Standard-Blutwerte auffällig werden.
- Fragwürdige IGeL-Leistungen kosten jährlich Milliarden, während von Kassen geförderte Präventionskurse ungenutzt bleiben.
Empfehlung: Verlassen Sie sich nicht allein auf Vorsorgeuntersuchungen. Entwickeln Sie die Kompetenz, die leisen Signale Ihres Körpers zu verstehen und fordern Sie bei Ihrem Arzt eine auf Ihr persönliches Risiko zugeschnittene Prävention ein.
Fühlen Sie sich oft grundlos erschöpft, obwohl Sie ausreichend schlafen? Plagen Sie Konzentrationsprobleme während eines langen Arbeitstages im Büro oder unerklärliche Verspannungen? Viele Menschen in Deutschland, gerade im leistungsintensiven Berufsleben zwischen 35 und 50, schieben solche Beschwerden auf den allgegenwärtigen Stress und hoffen, dass der nächste Urlaub oder die nächste Vorsorgeuntersuchung schon alles richten wird. Man verlässt sich auf das solide deutsche Gesundheitssystem und den etablierten „Check-up 35“.
Die gängigen Ratschläge sind bekannt: mehr Bewegung, gesündere Ernährung, weniger rauchen. Doch was, wenn diese gut gemeinten, aber oft oberflächlichen Empfehlungen das eigentliche Problem übersehen? Was, wenn das System selbst so konzipiert ist, dass es erst reagiert, wenn die Krankheit bereits manifest ist, anstatt die Ursachen frühzeitig zu erkennen? Die wahre Gefahr liegt nicht in den lauten, dramatischen Symptomen, sondern in den stillen Signalen, die unser Körper täglich sendet – und die unser Gesundheitssystem strukturell ignoriert.
Dieser Artikel bricht mit der reinen Symptombetrachtung. Aus der Perspektive eines Präventivmediziners zeige ich Ihnen die systemischen Lücken auf. Wir werden die Kaskade der Ursachen entschlüsseln, die im Verborgenen wirkt, von chronischem Stress über unbemerkten Nachtstress bis hin zur fatalen Kombination von Risikofaktoren. Es geht darum, Ihnen die Kompetenz zu vermitteln, Ihren Körper besser zu verstehen und proaktiv für Ihre Gesundheit zu handeln, bevor ein Arzt eingreifen muss. Sie lernen, wie Sie echte Prävention betreiben und dabei sogar unnötige Kosten sparen können.
Für einen Einblick in die Zukunft der Herz-Kreislauf-Forschung in Deutschland bietet das folgende Video Informationen zu klinischen Studien. Es ergänzt die hier besprochenen Präventionsstrategien um die Perspektive der medizinischen Entwicklung.
Dieser Artikel führt Sie durch die entscheidenden Aspekte, die für eine proaktive Gesundheitsvorsorge im deutschen Kontext relevant sind. Der folgende Überblick zeigt Ihnen die Struktur und die Kernthemen, die wir gemeinsam beleuchten werden.
Inhaltsverzeichnis: Die Warnsignale des Kreislaufs und die Systemlücken verstehen
- Die 5 stillen Signale Ihres Kreislaufs, die Sie im Büroalltag übersehen
- Wie chronischer Stress Ihre Gefäße verengt und den Blutdruck dauerhaft steigert
- Schlafapnoe oder Stress: Was raubt Ihrem Herzen nachts wirklich die Erholung?
- Herbstkälte und Kreislauf: Wann Temperaturschwankungen gefährlich werden
- Investition in die Gesundheit: Wie Sie durch Prävention 500 € IGeL-Kosten sparen
- Rauchen, Blutdruck, Cholesterin: Warum 1+1+1 mehr als 3 ergibt
- Herz-Check beim Facharzt: Wann lohnen sich die 150 € für den Ultraschall?
- Was deckt der „Check-up 35“ wirklich ab und wo müssen Sie zuzahlen?
Die 5 stillen Signale Ihres Kreislaufs, die Sie im Büroalltag übersehen
Im hektischen Büroalltag neigen wir dazu, die leisen Botschaften unseres Körpers zu überhören. Wir interpretieren sie als normale Begleiterscheinungen eines anspruchsvollen Jobs. Doch gerade diese subtilen Zeichen sind oft die ersten Vorboten eines überlasteten Herz-Kreislauf-Systems. Anstatt auf dramatische Schmerzen in der Brust zu warten, sollten Sie auf die fünf stillen Signale achten, die sich oft unbemerkt einschleichen: anhaltende Müdigkeit trotz ausreichend Schlaf, unerklärliche Konzentrationsschwäche am Nachmittag, häufige kalte Hände und Füße selbst in warmen Räumen, ein Gefühl von innerer Unruhe oder leichtem Schwindel beim schnellen Aufstehen sowie hartnäckige Nacken- und Schulterverspannungen. Diese Symptome sind keine Einbildung, sondern physiologische Reaktionen auf Dauerstress.
Die enge Verbindung zwischen Psyche und Körper zeigt sich alarmierend in den nationalen Statistiken. Der aktuelle DAK-Psychreport belegt, dass psychische Erkrankungen für eine enorme Zahl an Ausfällen in der deutschen Arbeitswelt verantwortlich sind. Ein Umfeld, das permanent hohe Leistung fordert, treibt den Körper in einen chronischen Alarmzustand. Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin werden nicht mehr nur in kurzen Spitzen, sondern dauerhaft ausgeschüttet. Dies beschleunigt die Herzfrequenz und erhöht den Blutdruck – eine kurzfristig sinnvolle „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion, die sich bei chronischer Aktivierung jedoch gegen unsere eigene Gesundheit richtet.

Die Visualisierung verdeutlicht, wie sich dieser unsichtbare Stress im Körper manifestiert. Die ständige Anspannung ist nicht nur ein Gefühl, sondern eine handfeste Belastung für die Gefäße und das Herz. Diese stillen Signale sind die logische Konsequenz. Sie sind keine Schwäche, sondern die letzte Warnung Ihres Körpers, bevor aus einer Überlastung ein handfester Schaden entsteht. Laut dem DAK-Psychreport 2025 führten psychische Leiden zu 342 Fehltagen je 100 Beschäftigte im Jahr 2024 – ein klares Indiz für die systemische Relevanz dieses Themas.
Wie chronischer Stress Ihre Gefäße verengt und den Blutdruck dauerhaft steigert
Die Verbindung zwischen Stress und Bluthochdruck wird oft vereinfacht dargestellt. Doch der Mechanismus dahinter ist eine schleichende, aber zerstörerische Kaskade. Wenn Ihr Körper unter Dauerstress steht – sei es durch Termindruck, ständige Erreichbarkeit oder Konflikte –, schüttet er kontinuierlich das Hormon Cortisol aus. Gemeinsam mit Adrenalin sorgt Cortisol dafür, dass sich die Blutgefäße verengen (Vasokonstriktion), um den Blutdruck zu erhöhen und die Muskeln schneller mit Sauerstoff zu versorgen. Was für eine kurzfristige Gefahr überlebenswichtig ist, wird zur chronischen Belastung. Die Gefäßwände stehen unter permanentem Druck und verlieren ihre Elastizität. Es entstehen winzige Risse und Entzündungen, die als „stille Entzündungen“ bezeichnet werden – eine perfekte Grundlage für die Ablagerung von Cholesterin und die Entstehung von Arteriosklerose.
Dieser Prozess findet im Verborgenen statt, lange bevor ein Arzt bei einer Routineuntersuchung einen manifesten Bluthochdruck diagnostiziert. Ihr Blutdruck mag tagsüber in Stressphasen erhöht sein und sich in Ruhephasen wieder normalisieren. Das Problem ist die Summe dieser Belastungsspitzen über Monate und Jahre. Irgendwann bleibt der Blutdruck auch in den Erholungsphasen auf einem erhöhten Niveau. Das Herz muss permanent gegen einen höheren Widerstand anpumpen, was den Herzmuskel auf Dauer schädigt und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall drastisch erhöht. Der hohe Krankenstand in Deutschland ist auch ein Spiegelbild dieser physischen Folgen psychischer Dauerbelastung.
Die gute Nachricht ist: Sie sind diesem Prozess nicht hilflos ausgeliefert. Das deutsche Gesundheitssystem bietet, oft unbemerkt, wirksame und von den Krankenkassen geförderte Werkzeuge zur Prävention. Anstatt auf die Diagnose zu warten, können Sie aktiv die Ursachen bekämpfen. Es geht darum, dem Körper gezielt beizubringen, aus dem Alarmmodus wieder in den Entspannungsmodus zu schalten. Genau hier setzen zertifizierte Präventionskurse an, die eine hohe „Präventionsrendite“ für Ihre Gesundheit bieten.
Ihr Plan zur aktiven Stressreduktion: Von Kassen bezuschusste Angebote nutzen
- Zertifizierte Kurse für Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson finden und buchen (Bezuschussung nach § 20 SGB V prüfen).
- Gezielt nach Yoga-Kursen suchen, deren blutdrucksenkende Wirkung nachgewiesen ist, und die Kostenübernahme bei Ihrer Krankenkasse anfragen.
- Das Thema „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ (BGM) proaktiv beim Arbeitgeber oder Betriebsrat ansprechen und auf die Implementierung von Stressmanagement-Programmen drängen.
- Die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung nicht nur als Check, sondern als Anlass für ein Gespräch über persönliche Stressfaktoren und Präventionsmöglichkeiten nutzen.
- Bei ersten Anzeichen einer Überlastung nicht zögern, sondern frühzeitig eine ärztliche Zweitmeinung einholen, um die Ursachen abklären zu lassen.
Schlafapnoe oder Stress: Was raubt Ihrem Herzen nachts wirklich die Erholung?
Anhaltende Tagesmüdigkeit ist eines der häufigsten Symptome, über die Patienten in meiner Praxis klagen. Die naheliegende Diagnose lautet oft: chronischer Stress. Doch hier zeigt sich eine der gefährlichsten diagnostischen Lücken im System. Eine andere, weit verbreitete und oft unerkannte Ursache für mangelnde nächtliche Erholung ist die obstruktive Schlafapnoe. Dabei kommt es im Schlaf immer wieder zu Atemaussetzern, weil die oberen Atemwege kollabieren. Der Körper reagiert auf den Sauerstoffmangel mit einer Stressreaktion: Er schüttet Adrenalin aus, um den Betroffenen kurz aufzuwecken und die Atmung wieder in Gang zu bringen. Dieser Vorgang wiederholt sich oft hunderte Male pro Nacht, ohne dass die Person bewusst davon aufwacht.
Das Ergebnis ist dasselbe wie bei chronischem psychischem Stress: Der Körper befindet sich die ganze Nacht im Alarmzustand, der Blutdruck steigt, und das Herz findet keine Erholung. Für das Herz-Kreislauf-System ist es unerheblich, ob der Stress durch eine Deadline im Job oder durch nächtliche Atemaussetzer verursacht wird. Die Folgen – Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und ein erhöhtes Infarktrisiko – sind identisch. Wie Andreas Storm, Vorstandschef der DAK, treffend bemerkt, ist die Belastung oft enorm:
Beschäftigte, die sich in ihrem Arbeitsalltag um andere Menschen kümmern, sind auffällig stark belastet. Die hohe Zahl psychischer Erkrankungen ist für die betroffenen Beschäftigten und ihre Arbeitgeber oft mit langen Fehlzeiten und einer Stigmatisierung verbunden.
– Andreas Storm, DAK-Vorstandschef, DAK-Psychreport 2025
Das Problem: Während Stress als Ursache gesellschaftlich akzeptiert ist, wird eine Schlafapnoe oft übersehen. Der typische Patientenweg zur Diagnose ist in Deutschland langwierig. Betroffene berichten von monatelangen Wartezeiten auf einen Termin im Schlaflabor. Insbesondere bei Frauen in der Menopause werden Symptome wie Tagesmüdigkeit fälschlicherweise als rein hormonell bedingt abgetan. Ein schneller erster Schritt, die ambulante Polygraphie, kann vom Haus- oder Lungenfacharzt veranlasst werden, wird aber nicht immer proaktiv angeboten. Dies ist eine klassische „systemische Lücke“, in der ein potenziell schwerwiegendes Risiko aus dem Raster fällt.
Herbstkälte und Kreislauf: Wann Temperaturschwankungen gefährlich werden
Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen fallen, erleben viele Menschen eine Veränderung ihres Wohlbefindens. Doch der Wechsel von der warmen Büroluft in die feuchte Kälte des Herbstes ist mehr als nur unangenehm – er ist eine echte Herausforderung für das Herz-Kreislauf-System. Bei Kälte verengen sich die äußeren Blutgefäße ganz natürlich, um den Wärmeverlust zu minimieren und die Kerntemperatur des Körpers stabil zu halten. Dieser an sich sinnvolle Mechanismus führt jedoch dazu, dass das Herz gegen einen erhöhten Widerstand anpumpen muss, was den Blutdruck kurzfristig ansteigen lässt.
Für ein gesundes, flexibles Gefäßsystem ist dieser Anstieg in der Regel unproblematisch. Der Körper reguliert sich schnell. Anders sieht es jedoch aus, wenn das System bereits durch chronischen Stress, unerkannte stille Entzündungen oder beginnende Arteriosklerose vorbelastet ist. Bei einem bereits erhöhten Grund-Blutdruck kann der zusätzliche Anstieg durch Kälte das Fass zum Überlaufen bringen. Die Gefäße sind steifer und können sich nicht mehr so gut anpassen. Das Risiko für akute kardiovaskuläre Ereignisse wie einen Angina-pectoris-Anfall oder sogar einen Herzinfarkt steigt in den kalten Monaten statistisch an.

Gefährlich ist dabei nicht die Kälte per se, sondern der abrupte Temperaturwechsel. Der schnelle Übergang vom überheizten Büro oder Auto in die eisige Außenluft ist ein Schock für das System. Besonders gefährdet sind Menschen, die ihre Vorbelastung nicht kennen – weil sie sich auf einen unauffälligen „Check-up 35“ verlassen oder die subtilen Warnsignale ihres Körpers ignorieren. Die Herbstkälte wirkt dann wie ein Katalysator, der eine bereits bestehende, aber schwelende Problematik plötzlich sichtbar macht. Es ist daher entscheidend, den eigenen Körper auch auf diese saisonalen Belastungen vorzubereiten, etwa durch regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, um die Anpassungsfähigkeit der Gefäße zu trainieren.
Investition in die Gesundheit: Wie Sie durch Prävention 500 € IGeL-Kosten sparen
In der ärztlichen Praxis wird gesundheitsbewussten Patienten oft eine Reihe von zusätzlichen Untersuchungen als „Individuelle Gesundheitsleistungen“ (IGeL) angeboten. Diese sollen vermeintlich die Lücken der gesetzlichen Vorsorge schließen. Doch hier ist Vorsicht geboten. Viele dieser Leistungen haben einen fragwürdigen Nutzen und belasten vor allem Ihren Geldbeutel. Eine bewusste Entscheidung für Prävention ist daher nicht nur eine Investition in Ihre Gesundheit, sondern auch eine kluge finanzielle Strategie, die Ihnen hunderte Euro an unnötigen Kosten ersparen kann. Der IGeL-Report 2024 des Medizinischen Dienstes beziffert die jährlichen Ausgaben für solche Angebote mit zweifelhaftem Nutzen auf eine enorme Summe, die das System belastet.
Laut einer Analyse geben Patienten in Deutschland jährlich rund 2,4 Milliarden Euro für IGeL-Leistungen mit fragwürdigem Nutzen aus. Anstatt dieses Geld für Tests auszugeben, deren Aussagekraft oft gering ist, können Sie es in Maßnahmen investieren, die nachweislich wirken: zertifizierte Kurse zur Stressbewältigung, Ernährungsberatung oder ein hochwertiges Blutdruckmessgerät zur Selbstkontrolle. Die wahre „Präventionsrendite“ liegt darin, die Ursachen zu bekämpfen, statt teure und potenziell verunsichernde Momentaufnahmen zu kaufen. Der IGeL-Monitor, ein unabhängiges Portal des Medizinischen Dienstes, bewertet diese Leistungen wissenschaftlich und kommt oft zu einem ernüchternden Ergebnis.
| IGeL-Leistung | Kosten | Bewertung | Begründung |
|---|---|---|---|
| Herz-Gefäß-Check-up | 40-180 € | Tendenziell negativ | Keine Hinweise auf Nutzen, indirekte Schäden möglich |
| Ultraschall Halsschlagadern | 50-150 € | Tendenziell negativ | Fehlalarme führen zu unnötigen Eingriffen |
| Vorsorge-EKG | 20-50 € | Unklar | Nutzen nicht belegt für Symptomlose |
Diese Tabelle zeigt deutlich: Viele der gängigen Herz-Kreislauf-IGeL für symptomfreie Menschen werden kritisch gesehen. Ein „tendenziell negativer“ Befund bedeutet, dass die potenziellen Schäden durch Fehlalarme und die daraus resultierende Verunsicherung und Überdiagnostik den möglichen Nutzen überwiegen. Anstatt 150 € für einen Ultraschall der Halsschlagadern auszugeben, der bei einem Zufallsbefund zu weiteren, potenziell riskanten Eingriffen führen kann, ist das Geld in einem von der Kasse bezuschussten Yogakurs zur Blutdrucksenkung oft besser angelegt.
Rauchen, Blutdruck, Cholesterin: Warum 1+1+1 mehr als 3 ergibt
Einer der größten Trugschlüsse im Verständnis von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die isolierte Betrachtung von Risikofaktoren. Ein Patient mit leicht erhöhtem Blutdruck wiegt sich in Sicherheit, ein anderer mit grenzwertigem Cholesterin ebenfalls. Doch die wahre Gefahr liegt in der Kombination. Das Konzept der „Risikokaskade“ besagt, dass sich die Gefahren nicht einfach addieren, sondern multiplizieren. Das Zusammenspiel von Rauchen, Bluthochdruck und erhöhten Cholesterinwerten ist ein toxisches Trio, das die Zerstörung der Gefäße exponentiell beschleunigt.
Stellen Sie es sich bildlich vor: Das Rauchen schädigt die empfindliche Innenwand der Arterien (das Endothel) und macht sie rau und rissig. Der gleichzeitig vorhandene Bluthochdruck übt permanenten, übermäßigen Druck auf diese bereits geschwächten Gefäßwände aus, was die Schäden vertieft. Auf dieser aufgerauten, entzündeten Oberfläche kann sich nun das überschüssige LDL-Cholesterin („schlechtes“ Cholesterin) besonders leicht ablagern und Plaques bilden. Ein Faktor bereitet dem anderen sozusagen den Boden. Das Ergebnis ist eine dramatisch beschleunigte Arteriosklerose (Arterienverkalkung).
Das Robert Koch-Institut, die zentrale Einrichtung der Bundesregierung für Krankheitsüberwachung und Prävention, fasst die entscheidenden Faktoren klar zusammen. Es geht nicht nur um medizinische Werte, sondern auch um das Verhalten.
Die wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind kardiometabolische Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen und Adipositas sowie gesundheitsbeeinträchtigende Verhaltensweisen wie Rauchen, körperliche Inaktivität und ungesunde Ernährung.
– Robert Koch-Institut, RKI Themenseite Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Diese Aussage unterstreicht, dass eine effektive Prävention alle Aspekte gleichzeitig adressieren muss. Es reicht nicht, nur eine Pille gegen den Blutdruck zu nehmen, wenn man weiterhin raucht und sich ungesund ernährt. Ein ganzheitlicher Ansatz, der Verhalten und medizinische Behandlung kombiniert, ist der einzige Weg, diese gefährliche Risikokaskade wirksam zu unterbrechen. Die Erkenntnis, dass 1+1+1 in diesem Kontext eben nicht 3, sondern vielleicht 10 ergibt, ist der erste und wichtigste Schritt zur Rettung Ihrer Gefäßgesundheit.
Herz-Check beim Facharzt: Wann lohnen sich die 150 € für den Ultraschall?
Nach der kritischen Auseinandersetzung mit IGeL-Leistungen stellt sich die berechtigte Frage: Wann ist eine spezialisierte Untersuchung wie ein Herzultraschall (Echokardiographie) oder ein Ultraschall der Halsschlagadern denn nun sinnvoll und wann wird sie sogar von der Kasse bezahlt? Die Antwort liegt in der klaren Unterscheidung zwischen einer reinen Wunschleistung ohne Anlass und einer medizinisch indizierten Untersuchung. Das deutsche System erstattet Leistungen dann, wenn ein begründeter Verdacht auf eine Erkrankung vorliegt.
Ein Herzultraschall im Wert von rund 150 € wird zur Kassenleistung, wenn Sie über konkrete Symptome berichten, die auf eine Herzerkrankung hindeuten könnten. Dazu gehören etwa Atemnot bei Belastung, unerklärliche Schmerzen in der Brust, Herzstolpern oder Schwindelanfälle. Auch wenn Ihr Hausarzt bei der körperlichen Untersuchung ein Herzgeräusch feststellt oder Ihr EKG Auffälligkeiten zeigt, ist die Überweisung zum Kardiologen für eine weiterführende Diagnostik der logische und von der Kasse getragene nächste Schritt. Ebenso rechtfertigen bekannte Risikofaktoren wie ein langjähriger, schlecht eingestellter Bluthochdruck, Diabetes oder eine familiäre Vorbelastung (z. B. Herzinfarkt bei den Eltern vor dem 60. Lebensjahr) eine genauere Abklärung.
Das Problem für viele Patienten: Sie befinden sich in einer Grauzone. Die Symptome sind diffus, der Hausarzt ist unsicher oder wiegelt ab. Hier ist Ihre „Körper-Kompetenz“ und Eigeninitiative gefragt. Anstatt frustriert eine teure IGeL zu bezahlen, können Sie den Weg zur Kassenleistung aktiv ebnen. Eine gute Vorbereitung auf das Arztgespräch ist dabei entscheidend.
Folgende Schritte helfen Ihnen, eine notwendige Untersuchung als Kassenleistung zu erhalten:
- Führen Sie ein Symptom-Tagebuch und dokumentieren Sie genau, wann und bei welcher Tätigkeit Beschwerden wie Brustschmerzen oder Atemnot auftreten.
- Stellen Sie alle bekannten Risikofaktoren zusammen: Blutdruckwerte (selbst gemessen), bekannte Fälle von Herzerkrankungen in der Familie, Blutzuckerwerte etc.
- Bestehen Sie bei einem begründeten Verdacht und dokumentierten Symptomen höflich, aber bestimmt auf eine Überweisung zum Kardiologen.
- Holen Sie bei Ablehnung oder Unsicherheit eine Zweitmeinung bei einem anderen Hausarzt ein; dies ist Ihr gutes Recht.
- Kontaktieren Sie im letzten Schritt direkt Ihre Krankenkasse, schildern Sie den Fall und fragen Sie nach den Bedingungen für eine Kostenübernahme.
Das Wichtigste in Kürze
- Das deutsche Gesundheitssystem ist primär reaktiv; es behandelt Krankheiten, anstatt deren Ursachen konsequent vorzubeugen. Der „Check-up 35“ ist lückenhaft.
- Subtile, alltägliche Signale wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche oder Verspannungen sind oft frühe Warnzeichen eines überlasteten Kreislaufsystems, die durch chronischen Stress ausgelöst werden.
- Proaktive Prävention durch von Kassen bezuschusste Kurse (§ 20 SGB V) ist wirksamer und wirtschaftlich sinnvoller als die Investition in viele teure und fragwürdige IGeL-Leistungen.
Was deckt der „Check-up 35“ wirklich ab und wo müssen Sie zuzahlen?
Der „Check-up 35“, der allen gesetzlich Versicherten in Deutschland ab 35 Jahren alle drei Jahre zusteht, wird oft als umfassende Gesundheitsvorsorge missverstanden. In meiner Praxis erlebe ich immer wieder Patienten, die mit einem unauffälligen Befund beruhigt nach Hause gehen, obwohl wesentliche Risikofaktoren unentdeckt bleiben. Es ist entscheidend zu verstehen, was dieser Check leistet – und was er vor allem nicht leistet. Er ist eine Basisuntersuchung, ein grobes Sieb, aber keinesfalls ein detaillierter Scan Ihrer Herz-Kreislauf-Gesundheit.
Standardmäßig umfasst der Check-up eine körperliche Untersuchung, das Messen des Blutdrucks sowie die Bestimmung von Gesamtcholesterin und Blutzucker im Blut. Zusätzlich wird eine Urinprobe auf Eiweiß, Zucker und Anzeichen von Infektionen untersucht. Das war es im Wesentlichen. Diese Parameter sind wichtig, aber sie kratzen nur an der Oberfläche. Ein normales Gesamtcholesterin kann beispielsweise ein trügerisches Bild abgeben, wenn das Verhältnis von „gutem“ HDL- zu „schlechtem“ LDL-Cholesterin ungünstig ist oder andere Fettwerte erhöht sind. Der Check erfasst die Spitze des Eisbergs, nicht aber die verborgene Masse darunter.
Hier liegt die größte „systemische Lücke“ der kassenärztlichen Prävention. Eine Reihe moderner und für die Risikobewertung entscheidender Parameter wird standardmäßig nicht untersucht. Diese müssen als IGeL selbst bezahlt werden, obwohl sie gerade für Risikopatienten von enormer Bedeutung wären. Zu den wichtigsten Lücken im Check-up 35 gehören:
- Lipoprotein(a) [Lp(a)]: Ein genetisch bedingter, unabhängiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall. Ein hoher Wert kann auch bei sonst unauffälligen Blutfetten ein hohes Risiko bedeuten.
- Hochsensitives C-reaktives Protein (hs-CRP): Ein Marker für die bereits erwähnten „stillen Entzündungen“ in den Gefäßen. Ein erhöhter Wert ist ein starkes Warnsignal.
- Homocystein: Ein weiterer Blutwert, der bei Erhöhung die Gefäßwände schädigen kann.
- Screening auf Schlafapnoe: Wie besprochen, eine der häufigsten übersehenen Ursachen für Bluthochdruck und Tagesmüdigkeit.
Diese Lücken führen dazu, dass sich Menschen in falscher Sicherheit wiegen, während sich im Verborgenen eine Arteriosklerose entwickelt. Die Entscheidung, ob eine Zuzahlung für diese spezifischen Tests sinnvoll ist, sollte daher nicht pauschal getroffen werden, sondern nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Arzt über das individuelle Risikoprofil. Ein Patient mit familiärer Vorbelastung profitiert enorm von einem Lp(a)-Test, während er für einen anderen weniger relevant sein mag.
Häufige Fragen zu Herz-IGeL-Leistungen
Wann ist ein Herz-Ultraschall Kassenleistung?
Bei konkreten Symptomen wie Brustschmerzen oder Atemnot, einem auffälligen EKG oder bekannten Risikofaktoren wie langjährigem Bluthochdruck übernimmt die Krankenkasse die Kosten für einen Herz-Ultraschall. Ohne medizinischen Anlass gilt er als Wunschleistung (IGeL).
Was ist der Unterschied zwischen Wunschleistung und medizinischer Indikation?
Eine medizinische Indikation liegt vor, wenn Symptome, Befunde oder spezifische Risikofaktoren eine Untersuchung ärztlich rechtfertigen. Dann zahlt die Kasse. Eine Wunschleistung (IGeL) ist hingegen eine rein präventive Untersuchung ohne konkreten Anlass, die vom Patienten selbst bezahlt wird.
Können IGeL-Leistungen später doch Kassenleistung werden?
Ja, das ist möglich. Wenn sich während einer selbst bezahlten IGeL-Untersuchung ein krankhafter Befund zeigt, der eine weitere Diagnostik oder Behandlung notwendig macht, kann die Leistung nachträglich über die Krankenkasse abgerechnet werden, da ab diesem Moment eine medizinische Indikation vorliegt.