
Die entscheidende Wahrheit über Ihr Herz zeigt sich oft erst unter gezieltem Stress, weil ein Ruhe-EKG nur eine trügerische Momentaufnahme ist – eine elektrische Fassade, die eine beginnende Sauerstoffschuld des Herzmuskels nicht aufdecken kann.
- Ein Belastungs-EKG provoziert gezielt Symptome, um zu sehen, wie Ihr Herz reagiert, wenn es wirklich arbeiten muss.
- Spezifische Veränderungen in der EKG-Kurve (sog. ST-Senkungen) sind für uns der entscheidende Hinweis auf eine mögliche Verengung der Herzkranzgefäße.
Empfehlung: Sehen Sie das Belastungs-EKG nicht als Prüfung, sondern als aktiven Teil der Diagnostik. Sprechen Sie offen über jedes Symptom – es ist der wichtigste Hinweis, den Sie uns geben können.
Kennen Sie das? Sie steigen ein paar Treppen und oben angekommen, ringen Sie nach Luft. Vielleicht spüren Sie auch einen leichten Druck in der Brust. Ihr erster Gedanke gilt dem Herzen, also gehen Sie zum Arzt. Doch das Ruhe-EKG ist vollkommen unauffällig. Der Arzt schaut Sie an und sagt den Satz, den viele Patienten fürchten und nicht verstehen: „Dann setzen wir Sie mal aufs Fahrrad.“ Dieser Moment erzeugt oft Verwirrung und Unsicherheit. Warum dieser Aufwand, wenn doch gerade eben alles in Ordnung schien?
In meiner täglichen Arbeit als medizinisch-technischer Assistent (MTA) in einer deutschen Kardiologie-Praxis erlebe ich diese Situation ständig. Viele Patienten verstehen nicht, warum wir sie einer Anstrengung aussetzen, die genau die Symptome hervorruft, vor denen sie Angst haben. Die gängige Erklärung, dass man das Herz „unter Belastung sehen“ muss, kratzt nur an der Oberfläche. Die Wahrheit ist vielschichtiger und spannender: Das Belastungs-EKG, auch Ergometrie genannt, ist keine bloße Messung, es ist eine gezielte Provokation, eine Form von Herz-Detektivarbeit.
Die elektrische Aktivität Ihres Herzens in Ruhe ist wie eine perfekt verputzte Hausfassade. Man sieht nicht, ob dahinter die Leitungen marode sind. Erst wenn wir den Strom aufdrehen – also Ihr Herz durch körperliche Anstrengung zu Mehrarbeit zwingen – zeigen sich die Schwachstellen. Dieser Artikel nimmt Sie mit hinter die Kulissen. Ich erkläre Ihnen nicht nur, was wir tun, sondern warum wir es tun. Sie werden verstehen, was die Watt-Zahlen bedeuten, was eine „absackende“ Kurve verrät und warum wir manchmal sofort abbrechen müssen. Ziel ist es, dass Sie beim nächsten Mal nicht mit einem mulmigen Gefühl, sondern mit Verständnis aufs Fahrrad steigen.
Um Ihnen einen klaren Überblick über die einzelnen Aspekte dieser wichtigen Untersuchung zu geben, haben wir die häufigsten Fragen und wichtigsten Themen für Sie strukturiert. Der folgende Leitfaden führt Sie Schritt für Schritt durch alles, was Sie über das Belastungs-EKG wissen müssen.
Inhaltsverzeichnis: Das Belastungs-EKG verstehen
- Wie viel Watt müssen Sie treten, damit der Arzt das Herz beurteilen kann?
- Was bedeutet es, wenn die Kurve unter Belastung „absackt“?
- Schwindel oder Brustdruck: Wann bricht das medizinische Personal sofort ab?
- Warum ist das Belastungs-EKG bei Frauen oft ungenauer als bei Männern?
- Betablocker vor dem Test absetzen? Was Sie vor dem Termin beachten müssen
- Künstlicher Stress im Liegen: Wie wird das Herz belastet, ohne dass Sie sich bewegen?
- Ultraschall unter Belastung: Warum müssen Sie während der Untersuchung Fahrrad fahren?
- Die Karvonen-Formel: Wie berechnen Sie Ihren optimalen Trainingspuls ohne Laktattest?
Wie viel Watt müssen Sie treten, damit der Arzt das Herz beurteilen kann?
Wenn Sie auf dem Fahrradergometer Platz nehmen, ist eine der ersten Fragen oft: „Wie schnell muss ich denn treten?“ Die Antwort hat weniger mit Geschwindigkeit zu tun als mit Widerstand, gemessen in Watt. Wir starten in der Regel mit einer sehr niedrigen Stufe von 25 oder 50 Watt. Das fühlt sich an wie lockeres Radfahren in der Ebene. Alle zwei Minuten erhöhen wir dann den Widerstand um weitere 25 Watt. Es geht hier nicht darum, einen sportlichen Rekord aufzustellen. Unser Ziel ist es, Sie an Ihre individuelle Belastungsgrenze zu führen, um zu sehen, wie Ihr Herz-Kreislauf-System auf die steigende Anforderung reagiert.
Aber was bedeutet diese Watt-Zahl im Alltag? Um Ihnen eine Vorstellung zu geben: nach medizinischen Leitlinien entsprechen 75 bis 100 Watt bereits zügigem Gehen, normalem Treppensteigen oder langsamem Radfahren. Wenn also genau bei dieser Belastungsstufe Ihre Symptome auftreten, haben wir einen wertvollen diagnostischen Anhaltspunkt. Wir provozieren gezielt eine Situation, die Ihrer Alltagsbelastung entspricht, um die Reaktion Ihres Herzens objektiv messbar zu machen. Die Untersuchung dauert meist zwischen 10 und 15 Minuten reiner Belastung, gefolgt von einer ebenso wichtigen, mehrminütigen Erholungsphase, in der wir EKG und Blutdruck weiter überwachen.
Das Ziel ist das Erreichen einer bestimmten, altersabhängigen maximalen Herzfrequenz. Nur wenn das Herz ausreichend schnell schlägt, können wir sicher sein, eine eventuelle Sauerstoff-Unterversorgung des Herzmuskels (eine sogenannte Ischämie) zuverlässig aufzudecken oder auszuschließen. Es geht also darum, eine für die Diagnostik ausreichende „Stressdosis“ zu erreichen, nicht darum, Sie vollständig zu erschöpfen.
Was bedeutet es, wenn die Kurve unter Belastung „absackt“?
Dies ist der Kern unserer Detektivarbeit. Während Sie treten, beobachten wir auf dem Monitor nicht nur Ihre Herzfrequenz, sondern vor allem die Form jeder einzelnen EKG-Kurve. Der für uns interessanteste Teil ist die sogenannte ST-Strecke. Dies ist der Abschnitt im EKG, der die kurze Pause zwischen der Anspannung und der Entspannung der Herzkammern darstellt. Bei einem gesunden Herzen bleibt diese Strecke auch unter Belastung auf einer stabilen Nulllinie. Wenn wir von einem „Absacken“ der Kurve sprechen, meinen wir eine typische Veränderung genau dieser ST-Strecke.

Sackt diese Linie unter Anstrengung um einen bestimmten Wert nach unten ab, sprechen wir von einer ST-Streckensenkung. Für uns ist das ein starkes Alarmsignal. Es deutet darauf hin, dass ein Teil des Herzmuskels nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Die Ursache ist meist eine Verengung in einem oder mehreren Herzkranzgefäßen – die klassische koronare Herzkrankheit (KHK). In Ruhe reicht der Blutfluss noch aus, die „Fassade“ ist intakt. Unter Belastung aber, wenn der Muskel mehr Sauerstoff braucht, als durch die Engstelle fließen kann, entsteht eine Sauerstoffschuld, die sich als diese typische EKG-Veränderung zeigt. Ein solcher Befund ist oft der direkte Weg zu weiterführenden Untersuchungen, wie einer Herzkatheteruntersuchung, um den Verdacht zu bestätigen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass nicht jede Veränderung sofort eine Katastrophe bedeutet. Es gibt klare Kriterien, ab wann eine ST-Senkung als krankhaft (pathologisch) gilt. Aber genau das ist der Grund, warum ein unauffälliges Ruhe-EKG bei Belastungssymptomen so wenig aussagekräftig ist: Es kann die verborgene Sauerstoffschuld nicht entlarven.
Schwindel oder Brustdruck: Wann bricht das medizinische Personal sofort ab?
Die wichtigste Botschaft vorweg: Sie sind während der gesamten Untersuchung unter ständiger Beobachtung. Ein Arzt oder erfahrenes medizinisches Personal ist immer anwesend. Die Untersuchung ist darauf ausgelegt, Symptome zu provozieren, aber die Sicherheit hat oberste Priorität. Es gibt eine Reihe von klaren und international standardisierten Abbruchkriterien, bei deren Eintreten wir den Test sofort beenden. Ihre offene Kommunikation ist hierbei unser wichtigstes Werkzeug.
Wir brechen die Untersuchung umgehend ab, wenn einer der folgenden Punkte eintritt:
- Sie signalisieren neu auftretende oder zunehmende Brustschmerzen (Angina pectoris).
- Wir sehen im EKG bedrohliche Veränderungen, wie die bereits erwähnte ST-Senkung oder neue, ernste Herzrhythmusstörungen.
- Ihr Blutdruck steigt über kritische Werte (z.B. über 240 mmHg systolisch).
- Ihr Blutdruck fällt unter Belastung ab, anstatt anzusteigen – ein mögliches Zeichen für eine schwere Funktionsstörung.
- Sie werden blass, Ihnen wird stark schwindelig oder Sie bekommen ausgeprägte Atemnot.
- Sie erreichen Ihre rechnerische maximale Herzfrequenz (Faustformel: 220 minus Lebensalter).
Sie müssen keine Angst haben, „zu früh“ aufzugeben. Jedes Symptom, das Sie uns melden, ist eine wertvolle Information. Schwindel, Brustdruck oder auch nur ein ungewöhnliches Unwohlsein sind genau die Hinweise, nach denen wir suchen. Nach dem Abbruch der Belastung überwachen wir Sie in der Erholungsphase für mindestens fünf bis sechs Minuten weiter, um sicherzustellen, dass sich Puls, Blutdruck und EKG wieder normalisieren. Obwohl schwere Komplikationen wie ein Herzinfarkt nur in sehr seltenen Fällen auftreten, gewährleistet die ständige Überwachung maximale Sicherheit.
Warum ist das Belastungs-EKG bei Frauen oft ungenauer als bei Männern?
Dies ist ein wichtiger und oft unterschätzter Punkt in der Herzdiagnostik. Während das Belastungs-EKG bei Männern eine relativ hohe Treffsicherheit für die Diagnose einer KHK hat, ist es bei Frauen bekanntermaßen ungenauer. Das Ergebnis ist häufiger „falsch-positiv“, was bedeutet, das EKG zeigt Veränderungen, obwohl die großen Herzkranzgefäße frei sind. Der Grund dafür liegt oft in den kleinsten Blutgefäßen des Herzens, den sogenannten Mikrogefäßen.

Bei Frauen ist eine Funktionsstörung dieser kleinsten Gefäße, die koronare mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD), deutlich häufiger die Ursache für Brustschmerzen und Atemnot als bei Männern. Studien zeigen, dass bei rund 45 % der Patienten mit Angina pectoris und unauffälligen großen Herzkranzgefäßen eine solche CMD vorliegt, wobei Frauen überwiegen. Das Tückische daran: Die Symptome sind von einer klassischen KHK kaum zu unterscheiden und auch im Belastungs-EKG können ähnliche Veränderungen auftreten, obwohl die großen Gefäße nicht verengt sind.
Die Deutsche Herzstiftung beschreibt diese diagnostische Herausforderung sehr treffend:
Die koronare mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) hat eine Tücke: Die dadurch hervorgerufenen Symptome unterscheiden sich kaum von den Angina-pectoris-Symptomen durch die viel bekanntere KHK. Bei beiden Erkrankungen entstehen bei körperlicher Belastung häufig Atemnot oder Schmerzen in der Brust. In manchen Fällen lässt sich eine koronare mikrovaskuläre Dysfunktion erahnen, weil die Beschwerden beispielsweise nach einer Anstrengung etwa länger als 1-2 Minuten anhalten.
– Deutsche Herzstiftung, Herzbeschwerden ohne Spuren in den Gefäßen
Für Frauen mit typischen Beschwerden, aber unklarem Belastungs-EKG, sind daher oft weiterführende, spezifischere Untersuchungen wie eine Stressechokardiographie oder ein Kardio-MRT notwendig, um die Funktion der kleinen Gefäße besser beurteilen zu können.
Betablocker vor dem Test absetzen? Was Sie vor dem Termin beachten müssen
Eine gute Vorbereitung auf das Belastungs-EKG ist entscheidend für die Aussagekraft des Ergebnisses. Ein zentraler Punkt dabei ist der Umgang mit Ihren Medikamenten, insbesondere mit Betablockern (z.B. Metoprolol, Bisoprolol). Diese Medikamente senken den Blutdruck und verlangsamen den Herzschlag. Das ist im Alltag oft gewünscht, für ein Belastungs-EKG aber kontraproduktiv. Sie verhindern, dass Ihr Herz die für die Diagnostik notwendige hohe Frequenz erreicht – der Test wäre dann nicht aussagekräftig.
Deshalb werden Sie in der Regel gebeten, Betablocker ein bis zwei Tage vor der Untersuchung abzusetzen. Wichtig: Tun Sie dies niemals eigenmächtig! Besprechen Sie das Vorgehen immer mit dem Arzt, der die Untersuchung angeordnet hat. Er wird Ihnen ein genaues Schema zum Absetzen und zur Wiederaufnahme der Medikation geben. Andere Herz- oder Blutdruckmedikamente sollen meist wie gewohnt eingenommen werden, aber auch hier gilt: Klären Sie dies im Vorfeld ab.
Abgesehen von der Medikamentenfrage gibt es noch einige andere praktische Dinge, die Sie für einen reibungslosen Ablauf beachten sollten. Eine leichte Mahlzeit bis zwei Stunden vor dem Termin ist in Ordnung, aber kommen Sie nicht mit vollem Magen. Tragen Sie bequeme Kleidung und bringen Sie Sportschuhe mit, damit Sie sicher und komfortabel auf dem Ergometer treten können.
Ihre Checkliste für den Belastungs-EKG-Termin
- Medikamentenplan klären: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt konkret über das Absetzen von Betablockern. Holen Sie sich ein klares Absetzprotokoll. Setzen Sie niemals Medikamente eigenmächtig ab.
- Kleidung wählen: Bringen Sie bequeme Sportkleidung (kurze oder lange Hose) und feste Turnschuhe mit. Ein leicht zu öffnendes Oberteil erleichtert das Anlegen der EKG-Elektroden.
- Handtuch einpacken: Sie werden ins Schwitzen kommen. Ein großes Handtuch ist für danach sehr nützlich.
- Leichte Mahlzeit: Essen Sie Ihre letzte leichte Mahlzeit etwa 2 Stunden vor der Untersuchung. Vermeiden Sie Alkohol und Kaffee unmittelbar vor dem Test.
- Offen kommunizieren: Bereiten Sie sich mental darauf vor, während des Tests jedes Gefühl von Schwindel, Druck oder Schmerz sofort dem Personal mitzuteilen.
Künstlicher Stress im Liegen: Wie wird das Herz belastet, ohne dass Sie sich bewegen?
Für manche Patienten ist ein Belastungs-EKG auf dem Fahrrad schlicht nicht durchführbar. Gründe dafür können Gelenkprobleme, orthopädische Erkrankungen, starkes Übergewicht oder eine generelle körperliche Schwäche sein. Aber auch für diese Patienten gibt es eine Möglichkeit, das Herz unter „Stress“ zu setzen: die pharmakologische Belastung, oft im Rahmen einer Stressechokardiographie oder eines Myokardszintigramms.
Statt körperlicher Anstrengung wird hierbei ein Medikament über eine Vene verabreicht, das die Wirkung von Stresshormonen wie Adrenalin auf das Herz simuliert. Die am häufigsten verwendeten Substanzen sind Dobutamin oder Adenosin. Dobutamin lässt das Herz schneller und kräftiger schlagen, ähnlich wie bei körperlicher Anstrengung. Adenosin hingegen erweitert die gesunden Herzkranzgefäße maximal, während verengte Gefäße sich nicht weiten können. Dieser „Steal-Effekt“ macht Durchblutungsstörungen in der bildgebenden Diagnostik (Ultraschall, Szintigraphie) sichtbar.
Diese Methode wird als Alternative zum klassischen Fahrradergometer vor allem bei Patienten mit Bewegungseinschränkungen eingesetzt. Die Untersuchung findet im Liegen statt, während kontinuierlich EKG, Blutdruck und Sauerstoffsättigung überwacht werden. Die medikamentöse Belastung ist ebenso sicher und kontrolliert wie die körperliche, hat aber ein anderes Nebenwirkungsprofil. Anstelle von Muskelschmerzen können hier Kopfschmerzen, Übelkeit oder ein Hitzegefühl auftreten, die aber nach Absetzen des Medikaments schnell wieder verschwinden.
Ultraschall unter Belastung: Warum müssen Sie während der Untersuchung Fahrrad fahren?
Die Stressechokardiographie ist eine Weiterentwicklung des klassischen Belastungs-EKGs und kombiniert die Ergometrie mit einer Ultraschalluntersuchung des Herzens. Sie kommt oft dann zum Einsatz, wenn das Belastungs-EKG allein keine eindeutigen Ergebnisse liefert – wie es zum Beispiel bei Frauen häufiger der Fall ist – oder um die genaue Lage und das Ausmaß einer bereits vermuteten Durchblutungsstörung zu bestimmen.

Bei dieser Untersuchung liegen oder sitzen Sie auf einer speziellen Kippliege, die ein Fahrrad-Ergometer integriert hat. Während Sie gegen einen ansteigenden Widerstand treten, führt der Arzt gleichzeitig eine Ultraschalluntersuchung durch. Er beobachtet in Echtzeit, wie sich die verschiedenen Wände Ihres Herzmuskels bewegen. Wenn ein Teil des Herzmuskels unter Belastung nicht mehr genug Sauerstoff bekommt, bewegt er sich schwächer als die gut versorgten Abschnitte. Diese Wandbewegungsstörung ist im Ultraschallbild direkt sichtbar und ein sehr zuverlässiger Hinweis auf eine relevante Engstelle in einem Herzkranzgefäß. Die Deutsche Herzstiftung betont, dass die Kombination aus Belastungs-EKG und Stressechokardiographie ein zentrales Instrument ist, um erste Signale einer Unterversorgung des Herzmuskels zu erkennen.
Der große Vorteil dieser Methode ist ihre hohe Genauigkeit. Sie liefert nicht nur die Information „ob“ eine Durchblutungsstörung vorliegt, sondern auch „wo“ am Herzen sie sich befindet. Das erlaubt eine viel gezieltere Planung eventueller weiterer Schritte, wie einer Herzkatheteruntersuchung. Sie kombiniert also die funktionelle Information des EKGs mit der anatomischen Information des Ultraschalls.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein unauffälliges Ruhe-EKG schließt eine Herzerkrankung nicht aus, da es nur eine Momentaufnahme ohne Belastung ist.
- Das Belastungs-EKG provoziert gezielt eine Sauerstoffschuld im Herzmuskel, um verborgene Durchblutungsstörungen (KHK) sichtbar zu machen.
- Spezifische EKG-Veränderungen (ST-Senkungen), Blutdruckabfall oder typische Symptome sind die entscheidenden Hinweise für den Arzt.
Die Karvonen-Formel: Wie berechnen Sie Ihren optimalen Trainingspuls ohne Laktattest?
Nach der Diagnostik kommt oft die Frage: „Wie soll ich denn nun trainieren, um mein Herz zu stärken, ohne es zu überfordern?“ Eine aus dem Belastungs-EKG abgeleitete Information ist Ihr Ruhepuls und Ihre maximale Herzfrequenz. Mit diesen Werten können Sie Ihren ganz persönlichen, optimalen Trainingspuls für ein Ausdauertraining berechnen – ganz ohne teuren Laktattest im Labor. Eine bewährte Methode hierfür ist die Karvonen-Formel.
Die Formel berücksichtigt sowohl Ihren Ruhepuls als auch Ihre maximale Herzfrequenz und ist damit viel individueller als pauschale Altersformeln. Sie lautet: Trainingspuls = (Maximalpuls – Ruhepuls) x Faktor + Ruhepuls. Den Ruhepuls können Sie morgens nach dem Aufwachen messen. Den Maximalpuls entnehmen Sie dem Protokoll Ihres Belastungs-EKGs oder nutzen die grobe Faustformel „220 minus Lebensalter“. Der „Faktor“ richtet sich nach Ihrem Trainingsziel und Fitnesslevel.
Ein praktisches Rechenbeispiel der AOK Nordost für einen 60-jährigen Mann mit einem Ruhepuls von 60 und einem Maximalpuls von 160 (220-60) verdeutlicht dies für ein moderates Gesundheitstraining (Faktor 0,6): Hier ergibt sich ein Trainingspuls von (160-60) x 0,6 + 60 = 120 Schlägen/Minute. Dies wäre der ideale Puls, um die Ausdauer effektiv und sicher zu verbessern.
Die Wahl des richtigen Faktors ist entscheidend, um die Intensität an Ihr persönliches Ziel anzupassen. Die folgende Tabelle, basierend auf wissenschaftlichen Konventionen, gibt Ihnen eine Orientierung:
| Trainingszustand | Faktor | Anwendungsbereich |
|---|---|---|
| Untrainierte | 0,5 | Patienten in mäßigem Trainingszustand, pneumologische Rehabilitation |
| Mäßig Trainierte | 0,6 | Gesundheitsorientiertes Ausdauertraining |
| Gut Trainierte | 0,75 | Leistungsorientiertes Training, Wettkampfvorbereitung |
Mit dieser Formel haben Sie ein mächtiges Werkzeug in der Hand, um die Erkenntnisse aus der kardiologischen Diagnostik direkt in einen sicheren und effektiven Trainingsplan für Ihren Alltag umzusetzen.
Nachdem Sie nun die Hintergründe der Herzdiagnostik unter Belastung kennen, können Sie die nächste Untersuchung mit mehr Wissen und weniger Sorge angehen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über die Ergebnisse und nutzen Sie die gewonnenen Erkenntnisse, um aktiv an Ihrer Herzgesundheit zu arbeiten.