Veröffentlicht am März 11, 2024

Entgegen der landläufigen Meinung sind Online-Bewertungen kein verlässlicher Maßstab für die medizinische Kompetenz eines Kardiologen in Deutschland.

  • Die wahre Expertise zeigt sich in objektiven Kriterien wie der mindestens 11-jährigen Facharztausbildung und spezifischen Zusatzqualifikationen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK).
  • Öffentliche Qualitätsberichte von Kliniken bieten transparentere Einblicke in die Behandlungsqualität als subjektive Patientenmeinungen zu Wartezeiten.

Empfehlung: Prüfen Sie vor der Wahl Ihres Arztes gezielt dessen DGK-Zertifizierungen und die Fallzahlen der Klinik bei spezialisierten Eingriffen, um eine fundierte Entscheidung für Ihre Herzgesundheit zu treffen.

Die Diagnose einer Herzerkrankung ist ein einschneidendes Ereignis. Unmittelbar nach dem ersten Schock stellt sich eine entscheidende Frage: Wer ist der richtige Arzt, um mich auf diesem Weg zu begleiten? In einer digitalisierten Welt ist der erste Impuls oft, auf Google nach „dem besten Kardiologen“ zu suchen und sich an Patientenbewertungen zu orientieren. Man liest über freundliches Personal, kurze Wartezeiten und eine modern eingerichtete Praxis. Doch sind dies wirklich die entscheidenden Kriterien, wenn es um die Gesundheit Ihres Herzens geht?

Als Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) möchten wir Ihnen eine andere Perspektive aufzeigen. Die medizinische Exzellenz eines Herzspezialisten ist für Laien oft unsichtbar. Sie verbirgt sich nicht in Bewertungsportalen, sondern in den Strukturen des deutschen Gesundheitssystems – in einer rigorosen, langjährigen Ausbildung, in nachweisbaren Zusatzqualifikationen und in transparenten Qualitätskontrollen, die weit über das hinausgehen, was ein Patient im Wartezimmer beurteilen kann.

Doch wenn die wahre Qualität nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, woran orientiert man sich dann? Dieser Artikel dient Ihnen als Leitfaden. Er gibt Ihnen das notwendige Rüstzeug an die Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Wir werden den langen Weg zum Facharzt für Kardiologie beleuchten, Ihnen die entscheidenden Zertifikate vorstellen, die echte Expertise signalisieren, und Ihnen zeigen, wie Sie die Qualität von Herzkliniken anhand objektiver Daten selbst bewerten können. So treffen Sie eine informierte und sichere Entscheidung für Ihre Gesundheit.

Dieser Leitfaden ist strukturiert, um Ihnen schrittweise die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln. Die folgende Übersicht zeigt Ihnen die Themen, die wir behandeln werden, um Sie zu einem kompetenten Partner im Dialog mit Ihrem Arzt zu machen.

Warum dauert die Ausbildung zum Kardiologen in Deutschland mindestens 11 Jahre?

Der Titel Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie ist in Deutschland ein hart erarbeitetes Qualitätssiegel. Er steht für einen extrem langen und standardisierten Ausbildungsweg, der sicherstellt, dass jeder Spezialist über ein tiefes und breites medizinisches Wissen verfügt, bevor er sich auf das Herz konzentriert. Dieser Prozess dauert von Beginn des Studiums bis zur Facharztprüfung mindestens 11 Jahre und ist eine der fundamentalen Säulen der Patientensicherheit im deutschen Gesundheitssystem. Aktuell gibt es in Deutschland insgesamt 4.041 berufstätige Kardiologen, die diesen anspruchsvollen Weg durchlaufen haben.

Die Ausbildung gliedert sich in mehrere Phasen, die systematisch aufeinander aufbauen:

  1. 6 Jahre Medizinstudium: Das Fundament, das mit dem Staatsexamen und der Approbation als Arzt abgeschlossen wird.
  2. 3 Jahre Basisweiterbildung Innere Medizin: Hier erwirbt der angehende Spezialist breite Kenntnisse über alle internistischen Bereiche, von der Gastroenterologie bis zur Nephrologie.
  3. 2 Jahre Weiterbildung in anderen Fachgebieten: Oftmals werden hier Zeiten auf der Intensivstation oder in der Notaufnahme absolviert, um den Umgang mit kritisch kranken Patienten zu erlernen.
  4. 1 Jahr spezifische Kardiologie-Weiterbildung: Erst jetzt erfolgt die Fokussierung auf das Herz-Kreislauf-System.

Ein entscheidendes Instrument zur Qualitätssicherung während dieser Zeit ist das Weiterbildungslogbuch. Es ist weit mehr als nur eine Checkliste.

Qualitätsnachweis durch das Weiterbildungslogbuch

Das von den Landesärztekammern vorgeschriebene Weiterbildungslogbuch dokumentiert lückenlos alle erworbenen Kompetenzen und praktisch durchgeführten Eingriffe. Angehende Kardiologen müssen darin nachweisen, dass sie eine festgelegte Mindestanzahl an Prozeduren wie Herzkatheteruntersuchungen, Echokardiographien (Herzultraschall) oder therapeutische Koronarinterventionen selbstständig durchgeführt haben. Diese detaillierte Dokumentation wird vor der Zulassung zur finalen Facharztprüfung streng kontrolliert und stellt sicher, dass der Arzt nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch umfassende praktische Erfahrung besitzt.

Diese lange und strukturierte Ausbildung garantiert, dass ein Kardiologe nicht nur ein Herz-Spezialist ist, sondern auch die komplexen Zusammenhänge des gesamten Körpers versteht – eine unabdingbare Voraussetzung für die Behandlung von Herzerkrankungen, die oft mit anderen Leiden wie Diabetes oder Niereninsuffizienz einhergehen.

Kardiologe oder Internist: Welchen Arzt brauchen Sie für Ihre Herzerkrankung?

Im deutschen Gesundheitssystem ist der Weg zum Spezialisten klar geregelt, um eine effiziente und zielgerichtete Versorgung zu gewährleisten. Für Patienten ist es jedoch nicht immer einfach zu unterscheiden, wann der Hausarzt, der oft ein Facharzt für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin ist, ausreicht und wann der Gang zum Kardiologen unumgänglich wird. Der Behandlungspfad ist logisch aufgebaut: Er beginnt beim Generalisten und führt bei Bedarf zum hochspezialisierten Experten.

Schematische Darstellung des Behandlungspfads vom Hausarzt zum Spezialisten in Deutschland

Die Abbildung verdeutlicht die verschiedenen Ebenen der Versorgung. Der Hausarzt ist die erste Anlaufstelle. Er ist für die allgemeine Vorsorge, die Behandlung von gut eingestelltem Bluthochdruck und die Erstabklärung unklarer Symptome zuständig. Er fungiert als Lotse im Gesundheitssystem. Besteht der Verdacht auf eine spezifische Herzerkrankung oder sind die Symptome akut und besorgniserregend, wird er Sie an einen niedergelassenen Kardiologen überweisen. Bei hochkomplexen Fällen ist schließlich das Herzzentrum die richtige Adresse.

Die folgende Tabelle gibt Ihnen eine klare Orientierung, welche Situation welche ärztliche Kompetenz erfordert:

Wann zum Hausarzt, wann zum Kardiologen?
Situation Hausarzt/Internist Kardiologe erforderlich
Gut eingestellter Bluthochdruck
Routinevorsorge ohne Risikofaktoren
Brustschmerzen/Engegefühl Erstabklärung
Herzrhythmusstörungen
Nach Herzinfarkt
Angeborene Herzfehler

Die klare Botschaft lautet: Zögern Sie bei spezifischen Herzbeschwerden wie Brustenge, Luftnot bei Belastung oder Herzstolpern nicht, eine kardiologische Abklärung zu fordern. Während der Internist ein breites Wissen über die inneren Organe hat, besitzt der Kardiologe die tiefgehende Expertise und die spezialisierte technische Ausstattung (z.B. für Herzultraschall oder Belastungs-EKG), um Herzerkrankungen präzise zu diagnostizieren und zu behandeln.

Welche Zusatzzertifizierungen zeigen echte Expertise Ihres Kardiologen?

Die Facharztanerkennung ist das Fundament der Qualifikation, doch die moderne Kardiologie ist so komplex, dass sich viele Ärzte auf bestimmte Teilbereiche spezialisieren. Diese hohe Spezialisierung ist ein entscheidendes Qualitätsmerkmal, das für Patienten oft schwer zu erkennen ist. Hier kommen die Zusatzqualifikationen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ins Spiel. Diese Zertifikate sind keine reinen Teilnahmebescheinigungen, sondern werden nach einem anspruchsvollen, curriculum-basierten Prozess vergeben, der den Nachweis theoretischer Kenntnisse und praktischer Erfahrung in einem bestimmten Gebiet erfordert. Sie sind ein starkes Signal für eine überdurchschnittliche Expertise.

Wenn Sie einen Kardiologen für ein spezifisches Problem suchen, sollten Sie gezielt auf diese Zertifikate achten. Sie geben Ihnen die Sicherheit, von einem nachgewiesenen Experten behandelt zu werden. Zu den wichtigsten DGK-Zusatzqualifikationen gehören:

  • Interventionelle Kardiologie (DGK): Dies ist der Spezialist für alle Eingriffe, die über einen Herzkatheter durchgeführt werden. Dazu gehören vor allem die Implantation von Stents bei verengten Herzkranzgefäßen. Ein Arzt mit diesem Zertifikat hat eine hohe Fallzahl und Routine in diesen Prozeduren.
  • Spezielle Rhythmologie (DGK): Dieser Experte ist auf die Diagnose und Behandlung von Herzrhythmusstörungen spezialisiert. Er ist der richtige Ansprechpartner für die Implantation und Nachsorge von Herzschrittmachern und Defibrillatoren sowie für komplexe Ablationsbehandlungen (Verödungen).
  • Herzinsuffizienz (DGK): Ein Kardiologe mit dieser Qualifikation hat eine besondere Expertise in der Behandlung der Herzschwäche. Er kennt sich mit den modernsten medikamentösen Therapien und den Behandlungsstrategien für fortgeschrittene Krankheitsstadien aus.
  • Kardiale Magnetresonanztomographie (Kardio-MRT): Dieses Zertifikat weist eine besondere Kompetenz in der hochmodernen bildgebenden Diagnostik des Herzens nach, die eine präzise Darstellung von Herzmuskel und -funktion ohne Strahlenbelastung ermöglicht.

Fragen Sie auf der Website der Praxis oder direkt im Gespräch nach diesen Qualifikationen. Ein qualitätsbewusster Arzt wird seine Spezialisierungen transparent kommunizieren. Das Vorhandensein einer oder mehrerer dieser DGK-Zertifikate ist ein deutlich stärkerer Indikator für medizinische Qualität als jede Online-Bewertung.

Der Irrtum: Warum Google-Bewertungen nicht die Qualität eines Kardiologen zeigen

Im Zeitalter von Amazon und TripAdvisor sind wir es gewohnt, uns auf die Bewertungen anderer zu verlassen. Bei der Arztwahl ist dieser Ansatz jedoch irreführend und potenziell gefährlich. Bewertungsportale wie Jameda, Sanego oder Google Maps messen in erster Linie die Servicequalität, nicht die medizinische Kompetenz. Freundlichkeit am Empfang, eine kurze Wartezeit oder eine ansprechende Praxiseinrichtung sind zwar angenehm, sagen aber absolut nichts über die diagnostischen Fähigkeiten oder die Behandlungsqualität des Arztes aus.

Die Daten bestätigen diese Diskrepanz zwischen Service und medizinischer Substanz eindrücklich.

Analyse von Bewertungsportalen: Service hui, Medizin pfui?

Eine Auswertung der Plattform Sanego zeigt, dass die Bewertungen primär auf Serviceaspekten basieren. Die durchschnittliche Wartezeit im Wartezimmer eines Kardiologen beträgt demnach 27 Minuten und die auf einen Termin 19,9 Tage. Diese Faktoren fließen maßgeblich in die Gesamtnote ein. Ob der Arzt die richtige Diagnose gestellt, die optimale Therapie eingeleitet oder einen komplexen Eingriff erfolgreich durchgeführt hat, kann ein Laie jedoch kaum beurteilen – und genau diese Aspekte fehlen in den Bewertungen fast vollständig.

Diese Fokussierung auf sekundäre Merkmale ist ein zentrales Problem, wie Experten bestätigen.

Online-Bewertungen fokussieren sich auf Servicequalität wie Wartezeit und Freundlichkeit des Personals, während die medizinische Qualität für einen Laien kaum bewertbar ist.

– Analyse deutscher Bewertungsportale, Kritische Betrachtung von Jameda und ähnlichen Portalen

Anstatt Ihre Entscheidung auf subjektive und oft emotional gefärbte Meinungen zu stützen, sollten Sie sich auf objektive Qualitätsindikatoren konzentrieren. Die folgende Checkliste gibt Ihnen konkrete Werkzeuge an die Hand, um die Kompetenz eines Arztes selbst zu überprüfen.

Checkliste: Echte Qualitätsindikatoren zur Arztwahl

  1. Weiterbildungsermächtigung prüfen: Finden Sie auf der Website der zuständigen Landesärztekammer heraus, ob der Arzt oder die Klinik zur Weiterbildung anderer Ärzte ermächtigt ist. Dies ist ein starkes Zeichen für anerkannte Expertise.
  2. Zertifizierungen identifizieren: Suchen Sie gezielt nach den offiziellen Zusatzqualifikationen der DGK (z.B. Interventionelle Kardiologie, Spezielle Rhythmologie), die eine nachgewiesene Spezialisierung belegen.
  3. Strukturierte Befragungen nutzen: Informieren Sie sich über die Ergebnisse strukturierter Patientenbefragungen Ihrer Krankenkasse (z.B. AOK-Gesundheitsnavigator), die oft fundierter sind als offene Portale.
  4. Erstgespräch als „Interview“ sehen: Betrachten Sie den ersten Termin als eine Art Bewerbungsgespräch. Nimmt sich der Arzt Zeit? Erklärt er verständlich? Geht er auf Ihre Fragen ein?
  5. Kommunikation bewerten: Achten Sie darauf, ob der Arzt transparent und von sich aus über verschiedene Behandlungsalternativen, deren Vor- und Nachteile sowie die dazugehörigen Risiken aufklärt.

Wann sollten Sie von einem niedergelassenen Kardiologen an ein Herzzentrum wechseln?

Der niedergelassene Kardiologe ist für die allermeisten Herzerkrankungen der richtige und kompetente Ansprechpartner. Er begleitet Patienten mit Bluthochdruck, koronarer Herzkrankheit oder Herzrhythmusstörungen oft über viele Jahre. Es gibt jedoch Situationen, in denen die diagnostischen oder therapeutischen Möglichkeiten einer Praxis an ihre Grenzen stoßen. In diesen Fällen ist der Wechsel an ein spezialisiertes Herzzentrum oder eine kardiologische Fachklinik der logische und notwendige nächste Schritt.

Ein Herzzentrum bündelt die Expertise verschiedenster Fachdisziplinen (Kardiologie, Herzchirurgie, Anästhesie) unter einem Dach und verfügt über die modernste technische Ausstattung für hochkomplexe Eingriffe. Ein guter niedergelassener Kardiologe kennt seine Grenzen und wird eine Überweisung proaktiv vorschlagen. Als Patient sollten Sie jedoch die folgenden Indikationen kennen, die einen Wechsel an ein Zentrum nahelegen:

  • Notwendigkeit hochspezialisierter Eingriffe: Verfahren wie der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) oder die Reparatur der Mitralklappe mittels Clip (MitraClip) werden nur in spezialisierten Zentren mit entsprechender Erfahrung und Infrastruktur durchgeführt.
  • Diagnose seltener Herzerkrankungen: Bei angeborenen Herzfehlern im Erwachsenenalter oder seltenen Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien) ist die Expertise eines Zentrums unerlässlich.
  • Unklare Befunde: Wenn trotz umfassender ambulanter Diagnostik keine klare Diagnose gestellt werden kann oder die Symptome fortbestehen, kann ein Zentrum mit erweiterten diagnostischen Möglichkeiten (z.B. Kardio-MRT, Myokardbiopsie) Klarheit bringen.
  • Bedarf an einer Zweitmeinung: Vor großen, lebensverändernden Herzoperationen ist es Ihr gutes Recht und oft auch medizinisch sinnvoll, die Meinung eines zweiten, unabhängigen Expertenteams in einem Herzzentrum einzuholen.

Die Exzellenz dieser Zentren wird ebenfalls durch Zertifizierungen der DGK sichergestellt. Diese belegen, dass eine Klinik höchste Standards in Bezug auf Personal, Ausstattung, Fallzahlen und Behandlungsergebnisse erfüllt. Die Anzahl dieser hochspezialisierten Kliniken ist bewusst begrenzt, um eine hohe Konzentration von Expertise zu gewährleisten. So gibt es laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in ganz Deutschland aktuell nur 30 zertifizierte Vorhofflimmer-Zentren und sogar nur 14 zertifizierte Mitralklappen-Zentren. Die Wahl eines solchen zertifizierten Zentrums gibt Ihnen die maximale Sicherheit für komplexe Behandlungen.

Wie Sie die Qualität von Herzkliniken anhand öffentlicher Daten vergleichen

Wenn eine Behandlung im Krankenhaus oder in einem Herzzentrum ansteht, stehen Patienten oft vor der Frage: Welche Klinik ist die beste für meinen spezifischen Eingriff? Auch hier gilt: Verlassen Sie sich nicht auf die Hochglanzbroschüren der Kliniken oder subjektive Erfahrungsberichte. In Deutschland existiert ein System der verpflichtenden Qualitätssicherung, das es Ihnen ermöglicht, Kliniken anhand harter Fakten zu vergleichen. Diese Daten sind in den sogenannten Qualitätsberichten der Krankenhäuser öffentlich zugänglich, wenn auch für Laien manchmal schwer zu interpretieren.

Modernes Herzkatheterlabor als Symbol für die Qualitätskontrolle in Herzkliniken

Die Abbildung eines hochmodernen Herzkatheterlabors symbolisiert die technische Seite der Qualität. Doch die wahre Qualität liegt in den messbaren Ergebnissen und Prozessen. Um Ihnen die Navigation durch den Datendschungel zu erleichtern, haben wir die wichtigsten Qualitätsindikatoren und ihre Bedeutung für Sie in einer Tabelle zusammengefasst.

Wichtigste Qualitätsindikatoren für Herzkliniken
Qualitätsindikator Bedeutung für Patienten Wo zu finden
Fallzahlen pro Eingriff Eine hohe Zahl an durchgeführten Prozeduren (z.B. Bypass-OPs) deutet auf große Routine und Erfahrung des Teams hin. Qualitätsberichte der Kliniken (oft auf deren Website)
Door-to-Balloon-Zeit Diese Kennzahl misst bei einem Herzinfarkt die Zeit von der Klinikaufnahme bis zur Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes. Kürzere Zeiten bedeuten bessere Überlebenschancen. IQTIG-Berichte, Qualitätsberichte
DGK-Zertifizierungen Zertifikate wie „Chest Pain Unit“ oder „Mitralklappen-Zentrum“ belegen eine von externen Gutachtern überprüfte, hohe Struktur- und Prozessqualität. Klinik-Website, DGK-Portal
Mortalitätsraten Die Sterblichkeitsrate bei bestimmten Eingriffen im Vergleich zum Bundesdurchschnitt kann ein Hinweis auf die Behandlungsqualität sein. G-BA Qualitätsberichte, Weisse Liste
Personalschlüssel Das Verhältnis von Ärzten und Pflegekräften zu Patienten gibt einen Hinweis auf die Intensität der Betreuung. Strukturberichte der Kliniken

Recherchieren Sie gezielt nach diesen Kennzahlen für die infrage kommenden Kliniken. Besonders die Fallzahlen sind ein starker und leicht verständlicher Indikator: Ein Chirurg, der einen Eingriff 200 Mal pro Jahr durchführt, hat eine ungleich höhere Routine als jemand, der ihn nur 20 Mal durchführt. Scheuen Sie sich nicht, im Vorgespräch in der Klinik direkt nach diesen Zahlen zu fragen. Eine transparente Klinik wird Ihnen diese Daten offenlegen.

Die 10 wichtigsten Fragen, die Sie Ihrem Kardiologen nach der Diagnose stellen sollten

Ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis basiert auf Kommunikation auf Augenhöhe. Sie sind nicht nur Empfänger von Anweisungen, sondern ein aktiver Partner im Behandlungsprozess. Nachdem Sie nun wissen, wie Sie die formale Qualifikation eines Arztes beurteilen können, geht es darum, die Qualität der Interaktion im Sprechzimmer zu bewerten. Ein kompetenter und patientenorientierter Kardiologe zeichnet sich dadurch aus, dass er Ihre Fragen ernst nimmt, verständlich antwortet und Sie in die Entscheidungsfindung einbezieht.

Bereiten Sie sich auf Ihren Termin vor. Notieren Sie sich Ihre Symptome, Ihren Krankheitsverlauf und vor allem Ihre Fragen. Ein gut vorbereiteter Patient erhält bessere Antworten. Die folgenden Fragen sind nicht nur dazu da, Informationen zu erhalten, sondern auch, um die Arbeitsweise und Haltung Ihres Arztes zu testen. Ein guter Arzt wird diese Fragen begrüßen.

  1. Was genau ist meine Diagnose, und was bedeutet sie für meinen Alltag?
  2. Welche Ursachen hat meine Erkrankung und was kann ich selbst tun, um den Verlauf positiv zu beeinflussen?
  3. Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es, und welche empfehlen Sie mir und warum? (Stichwort: Leitlinien)
  4. Was sind die Vor- und Nachteile sowie die Risiken der empfohlenen Therapie im Vergleich zu den Alternativen?
  5. Wie sieht der genaue Ablauf der Behandlung oder des Eingriffs aus?
  6. Wie hoch sind die Erfolgschancen der Behandlung und womit muss ich im schlimmsten Fall rechnen?
  7. Besteht für meinen Fall ein gesetzlicher Anspruch auf eine Zweitmeinung und würden Sie mich dabei unterstützen?
  8. Mit welchen anderen Spezialisten (z.B. Diabetologe, Ernährungsberater) arbeiten Sie zusammen?
  9. Wo finde ich verlässliche weiterführende Informationen zu meiner Erkrankung? (z.B. von der Herzstiftung)
  10. Was sind die wichtigsten drei Punkte, die ich vom heutigen Gespräch mitnehmen sollte?

Besonders die letzte Frage ist ein wertvolles Werkzeug. Sie zwingt den Arzt, die komplexen Informationen auf das Wesentliche zu reduzieren und stellt sicher, dass Sie die zentralen Botschaften verstanden haben.

Könnten Sie mir die wichtigsten drei Punkte, die ich heute mitnehmen sollte, noch einmal in einfachen Worten zusammenfassen?

– Empfohlene Meta-Frage, Leitfaden für Patientengespräche

Die Art und Weise, wie ein Arzt auf diese Fragen reagiert – geduldig und erklärend oder abwehrend und genervt – gibt Ihnen tiefe Einblicke in seine Professionalität und seine patientenzentrierte Haltung. Dies ist ein Qualitätsmerkmal, das Sie nur im direkten Gespräch erfahren können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die formale Qualifikation, basierend auf der mindestens 11-jährigen Ausbildung, ist das Fundament der ärztlichen Kompetenz in Deutschland.
  • Spezifische Zusatzqualifikationen der DGK (z.B. „Interventionelle Kardiologie“) sind das verlässlichste Zeichen für Expertise in einem Teilbereich.
  • Objektive Daten wie Fallzahlen und zertifizierte Zentren sind aussagekräftiger für die Klinikwahl als subjektive Online-Bewertungen.

Wie deutsche Herzzentren Ihre Sicherheit durch Qualitätskontrollen gewährleisten

Die hohe Qualität der kardiologischen Versorgung in Deutschland ist kein Zufall. Sie ist das Ergebnis eines ausgeklügelten, mehrstufigen Systems der Qualitätssicherung, das von Fachgesellschaften wie der DGK und unabhängigen Instituten getragen wird. Dieses System stellt sicher, dass sowohl die Ausbildung der Ärzte als auch die Prozesse in den Kliniken höchsten Standards genügen. Für Sie als Patient bedeutet dies ein hohes Maß an Sicherheit.

Ein zentrales Element sind die bereits erwähnten Zertifizierungsprozesse für spezialisierte Zentren. Diese sind keine einmaligen Auszeichnungen, sondern erfordern eine kontinuierliche Anstrengung und regelmäßige Überprüfungen durch externe Gutachter.

Der DGK-Zertifizierungsprozess: Beispiel Mitralklappen-Zentrum

Das Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen ist eines von nur 14 zertifizierten Mitralklappen-Zentren in Deutschland. Um dieses Siegel zu erhalten und zu behalten, muss die Klinik strenge Auflagen erfüllen. DGK-Gutachter prüfen vor Ort die Qualifikation des gesamten Teams (Ärzte, Pflege, Techniker), die technische Ausstattung der Operationssäle und Herzkatheterlabore, die nachgewiesenen Fallzahlen bei Mitralklappen-Eingriffen sowie die lückenlose interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Zertifizierung wird alle drei Jahre überprüft, was einen dauerhaft hohen Qualitätsstandard in der Behandlung von Mitralklappenfehlern gewährleistet.

Neben den Zertifizierungen der Fachgesellschaften gibt es eine gesetzlich verankerte, externe Qualitätssicherung. Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) misst im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bundesweit einheitliche Qualitätsindikatoren. Das IQTIG misst bundesweit Qualitätsindikatoren wie den Anteil der Patienten, die bei einem akuten Herzinfarkt innerhalb der kritischen Zeit von 60 Minuten nach Klinikaufnahme einen lebensrettenden Linksherzkatheter erhalten. Diese Daten werden veröffentlicht und schaffen eine transparente Vergleichsbasis zwischen den Kliniken.

Dieses engmaschige Netz aus anspruchsvoller Ausbildung, freiwilligen Zertifizierungen und gesetzlicher Kontrolle sorgt dafür, dass Sie sich in Deutschland auf ein extrem hohes Niveau der Herzmedizin verlassen können – vorausgesetzt, Sie nutzen die hier vorgestellten Werkzeuge, um die Sprecher der Exzellenz zu erkennen.

Ihre Gesundheit ist Ihr höchstes Gut. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Arzt- und Klinikwahl auf eine fundierte, objektive Basis zu stellen. Nutzen Sie dieses Wissen bei Ihrem nächsten Arztgespräch, um die richtigen Fragen zu stellen und die Qualität Ihres Spezialisten kompetent zu bewerten. Ihre Herzgesundheit verdient objektive Exzellenz, keine Fünf-Sterne-Bewertung für eine kurze Wartezeit.

Häufige Fragen zur Wahl eines Kardiologen

Welche Behandlungsalternativen gibt es laut aktueller Leitlinien?

Ein kompetenter Kardiologe sollte in der Lage sein, Ihnen mindestens zwei bis drei Behandlungsoptionen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen zu erläutern. Dabei sollte er sich auf die aktuellen medizinischen Leitlinien der europäischen (ESC) oder deutschen (DGK) Fachgesellschaften beziehen und Ihnen erklären können, warum er eine bestimmte Option für Sie empfiehlt.

Besteht für meinen Fall ein gesetzlicher Anspruch auf Zweitmeinung?

Ja, bei bestimmten planbaren, schwerwiegenden Eingriffen (dazu gehören einige Herzoperationen und Kathetereingriffe) haben gesetzlich versicherte Patienten einen rechtlichen Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung. Die Reaktion Ihres Arztes auf diese Frage ist ein guter Test seiner Professionalität: Ein guter Arzt wird Sie aktiv dabei unterstützen, eine Zweitmeinung einzuholen, und dies nicht als Misstrauensvotum werten.

Arbeiten Sie mit anderen Spezialisten wie Diabetologen zusammen?

Diese Frage testet die Vernetzung und die interdisziplinäre Arbeitsweise des Arztes. Da Herzerkrankungen oft mit anderen Krankheiten wie Diabetes, Nierenschwäche oder Lungenerkrankungen verbunden sind, ist eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachärzten für eine optimale Behandlung unerlässlich. Eine positive und konkrete Antwort zeugt von einem modernen und ganzheitlichen Behandlungsansatz.

Geschrieben von Klaus Meyer, Prof. Dr. med. Klaus Meyer ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, habilitierter Universitätsprofessor und langjähriger Direktor einer kardiologischen Universitätsklinik. Seit über 25 Jahren ist er in Forschung, Lehre und Qualitätssicherung tätig und spezialisiert auf klinische Studien, Leitlinienentwicklung, Patientensicherheit und innovative Therapieverfahren.